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Channel: Alpinklettern – ulligunde.com
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Momente: Völlig durch (Nikibi, Lastoni di Formin)

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Vorgestern die Cassin an der Westlichen Zinne, gestern sauber rausgeregnet worden aus der Tofana. Heute nochmals neun Seillängen bis 7+.

Auf den letzten Metern der Nikibi am Lastoni di ForminIch bin nicht so wild, mache das alles noch nicht so lang. Bin dementsprechend durch, als ich die letzten Meter bis zum Gipfel vorkrabble. Zwei halbherzig gelegte Sicherungen in der Seillänge, fallen will man hier ohnehin nicht. Die Füße schmerzen, die gemütlichen Schuhe hats gestern an der Tofana natürlich auch eingeweicht. Bald kommt der etwas lädierte Stand in Sicht, im gleichen Moment scheint mir die warme Sonne auf die Haut. Herrlich. Die Sonne hier, die kann was. Und der Ausblick! Mal wieder zum Niederknien (wie oft habe ich das in diesem Jahr eigentlich schon geschrieben?! Mindestens an der Finailspitze, an der Hinteren Schwärze allemal, an der Kuhscheibe sowieso, zuletzt an der Cassin, an den Hammerspitzen ebenfalls, am Widderstein wars schon auch schön….).

Es ist unsere letzte Tour für diesen Trip. Die Wolken türmen sich bereits groß auf, aber der Blick auf Tofana, Drei Zinnen und all die anderen Türme ist schon gewaltig. Unten grün, oben gelbgrau. Eine bemerkenswerte Landschaft.

Es gehen drei Tage Abenteuertrip zu Ende, die mir vorkommen wie mindestens eine Woche. Ich habe so viel gelernt, so viel gesehen, eine völlig andere Art der Kletterei kennengelernt. Ich bin zufrieden. Und völlig durch.

DSC01204 DCIM103GOPRO Nikibi, Lastoni die Formin, im Hintergrund die Tofana DCIM103GOPRO DCIM103GOPRO DCIM103GOPRO Auf den letzten Metern der Nikibi am Lastoni di Formin

Es passt schon. (Anderl Heckmair-Gedenkweg/Weg der Lechtaler, Widderstein)

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Sieben Uhr. Mein Handy klingelt kurz, ich höre das Prasseln des Regens draußen und drehe mich nochmal um. Wird nicht wichtig sein, heute ist eh nichts geplant. Ein ganz gechillter Sonntag. Eine halbe Stunde später schaue ich doch mal drauf und wiederum eine Stunde später sitze ich im Auto in Richtung Widderstein. Wohlgemerkt: Es regnet immer noch.

Der Anderl-Heckmair-Gedenkweg stand auf meiner Wunschliste. Ich wollte die Tour als Testpiece für den Trip in die Dolomiten nehmen. 7/7+ für mich, 8- in der schwersten Länge. Mit dem kleinen Unterschied, dass am Widderstein alles feinsäuberlich mit Borhaken versehen ist, nicht mit einem museumstauglichen Sammelsurium antiquarischer Schlaghaken. Überhaupt war die Tour erst 2011 von Walter Hölzler persönlich eingerichtet worden und man hörte nur Gutes darüber.

Kopfüber ins Trail-Event

Wir kommen uns zeitweise etwas deplatziert vor.Noch während wir auf den Parkplatz in Baad einbogen, kam mir irgendwas komisch vor. Hier war immer viel los, aber so viel?! Und so viele Menschen in Kniestrümpfen und angespanntem Gesichtsausdruck?! Auf meine Frage, was hier denn heute sei, schaute mich die Lady vor der Toilette etwas irritiert an: „Na, die Walser Trail Challenge!!„. Ah, großartig. Haben wir uns ja nicht gerade das ruhigste Wochenende an dem Berg rausgesucht. Wir packten zusammen und schlüpfen mit den Bikes noch ein paar Minuten vor dem offiziellen Startschuss durch die Absperrung. Auf der Bärguntalpe riet uns die herzliche Älplerin noch tiefgründig zur Vorsicht in der Tour. Das Gestein sei so rutschig. Wir nahmen ihren Rat ernst und hatschten in Richtung Berg. Dichter Nebel umgab uns, es nieselte. Ich fragte mich im Stillen, woher er bitte die Gewissheit nahm, dass das Wetter noch besser würde. Das war verrückt!

Im Nebel zur Wand

Das sieht ja alles schon sehr vielversprechend aus... not!Noch im ersten Steilstück holten uns die ersten Läufer ein. Es wurden immer mehr, bald war es sinnlos, für jeden einzelnen in die Hecke zu springen. Machte nichts, im Steilen waren wir ohnehin nicht so viel langsamer. Wir wollten trotzdem niemanden ausbremsen und wählten bei der ersten Möglichkeit eine Alternative. In diesem Jahr war ich bereits so oft an diesem Berg, langsam kannte ich mich aus. In dem dichten Nebel achteten wir darauf, dass uns keiner der Läufer folgte und dadurch fehlgeleitet würde. Sonderlich aufpassen mussten wir aber nicht, nach 20 Metern waren wir ohnehin verschluckt.

Planänderung

Ganz klein wenig nass vielleicht...Dort, wo ich mit Karo das letzte Mal das übrige Material deponiert hatte, machten wir eine Pause. Eher unfreiwillig, denn es regnete einfach immer noch. Die Landschaft um uns herum war komplett nass. Ich mag den Satz nicht, er klingt so nach zickiger Lady, aber er lag mir durchaus auf der Zunge: Ich habs Dir doch gleich gesagt! Ein anderer Wanderer kam vorbei, sagte etwas davon, dass womöglich oben Obheiter wäre. Bei dem Wort wurde ich hellhörig. Ich schlug vor, den Vorbau auszulassen und vom Normalweg in die Tour reinzuqueren. Womöglich würden wir oben schon Sonne erwischen.

Triefnasse Wand

Falsch gedacht. Wir hingen ein paar Stunden am Einstieg rum, frühstückten, aßen zu Mittag, aßen Nachtisch (merci an Flo für die wahrlich legendäre Schoki!), quatschten, dösten… Irgendwann kam vom gegenüberliegenden Geröllfeld noch eine weitere Seilschaft, die die Hiltimianie vorhatten. Womöglich stimmt die Wettervorhersage doch!? Und tatsächlich. Immer öfter schien die Sonne durch die Wolken, manchmal lichtete sich das Grau gar kurz und gaben den Blick auf die triefnasse Wand frei. Selbst wenn das jetzt so bleibt, wird die Wand niemals rechtzeitig trocken!? Ich bin ja eigentlich nicht so pessimistisch, aber ich glaubte wirklich nicht dran. Er hielt aber überzeugt dagegen, dass – wenn nur die Sonne mal etwas draufscheinen würde – das alles ganz schnell gehen würde.

Schoki, die sogar schon aufm Mont Blanc oben  war!! Ein bisschen nass das alles.... Warten...

Push für’s Ego!

Am dritten Stand der "Weg der Lechtaler" am WiddersteinUnd tatsächlich, gegen drei Uhr machten wir uns fertig. Die erste Seillänge sollte direkt eine der 7/7+-Längen sein. Der Hinweis, dass vormittags häufig noch nasse Streifen sein könnten, die aber beim Klettern nicht störten, nahm ich einfach mal als ein positives Zeichen. Dann wird’s bei den jetzigen Bedingungen schon irgendwie gehn. Ich stieg ein, durchaus angespannt. 7 sollte gehn, 7+ ging auch schon häufiger onsight. Und die Kletterei lag mir! Ich hangelte mich von Haken zu Haken, kam ganz gut durch. Klar, es war anstrengend, aber es ging wirklich sehr gut. Wow, Push fürs Ego! Auch die nächste Seillänge empfand ich nicht sonderlich hart. Wieder ich dran: 7- laut Topo. Ganz schön leicht für den Grat. Bin ich wirklich SO fit geworden in letzter Zeit? Mein Seilpartner hangelte sich ganz easy über den beschriebenen Überhang – immerhin saubere 8-. Ich schaute genau, wo er hinlangte, wunderte mich noch, dass die Griffe überraschend groß aussahen – und weg war er. So schnell, dass ich kaum noch nachkam mit Seilausgeben. Ganz schön isolierte Schlüsselstelle…!?

Oh damn it!

Unten wartet der NebelIch kletterte angespannt hinterher, kam völlig problemlos über den Überhang. Als ich sah, dass er die restlichen Haken nicht mal mehr eingehängt hatte, kamen mir erste Zweifel. Während ich aufschloss, sprach er schon aus, was ich bereits befürchtet hatte. „Das war keine 8-. Bist Du sicher, dass das wir in der richtigen Tour sind?“ Damn it. DAMN IT.  D A M N   I T ! Ich hatte unten nicht mehr aufs Topo geschaut, war einfach sicher, dass der Einstieg der richtige sein müsste. Und erinnerte mich in diesem Moment an die andere Seilschaft, die uns noch fragte, ob wir wüssten, was da die linke Tour direkt neben ihrer sei. Oh damn it. Ach komm schon! Wirklich!? Habe ich mir mein Testpiece jetzt tatsächlich auf DIESE Art versaut!? Jetzt waren wir bei diesem bescheidenen Wetter aufgestiegen, hatten so lang ausgeharrt, hatten tatsächlich noch trockenen Fels bekommen und dann STEIGEN WIR IN DIE FALSCHE TOUR EIN?! Ich ärgerte mich wirklich. Es war klar, dass ich wegen drei Seillängen nicht nochmal herkommen würde.

Auf Umwegen doch noch in die „richtige“

Am AustiegWir querten auf dem großen Band in die richtige Tour und erwischten dadurch immerhin noch die Schlüsselseillänge. Okey, das fühlt sich schon deutlich mehr nach 8- an. Nämlich verdammt anstrengend, kleingriffig und für Zwerge nicht sonderlich spaßig. Schade. Die restlichen Seillängen waren dann nur noch Kür, immerhin kannte ich sie bereits von der Unternehmung mit Karo vor wenigen Wochen. In herrlichem Sonnenschein klatschten wir am Wandbuch ab, blätterten ausgiebig darin rum, entspannten, dösten fast ein. „Weißt Du, ich glaube, alles hat seinen Sinn. Vielleicht war es gut, dass wir nicht in der geplanten Tour gelandet sind“ sagte er. Und irgendwie klang es richtig. Vielleicht hatte die Älplerin ja Recht. Es wird schon seinen Sinn gehabt haben. Passt schon. Es war ja trotzdem ein schöner Tag.

Es passt schon.

Oben!In herrlicher Wolkenstimmung stiegen wir den letzten Aufschwung noch aus und klimperten mit dem Klettergeraffel am Gurt zurück zum Einstieg. Ich hatte noch kurz mit dem Gedanken gespielt, die drei Seillängen doch noch nachzuholen, aber nein. Die Lust war fort. Und so blieb es immerhin bei einem gelungenen, sehr entspannten Klettertag, der anfangs überragend gut fürs Ego, zwischenzeitlich mal sehr ärgerlich und am Ende dann doch wieder gut war. Es passt schon. Es hatte sicher einen Sinn.

 

Weg der Lechtaler: 6+; 6+; 6 ;6- ; 7 (so in etwa stands im Wandbuch oben drin)

Heckmair Gedenkweg: 7/7+ ; 7/7+ ; 7- ; 8- ; 6 ; 5+ ; 3

Die Wolken reißen auf. Teilweise kommt man sich vor wie im Flugzeug. Herrlich warm! Haaaaalooooo. Unsere Wand versteckt sich bis zuletzt.

 

 

 

Wünsche erfüllen: Nord-Ost-Grat Zervreilahorn

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Ein Felsturm, der freistehend inmitten sanfter Hänge aufragt. Er wirkt schon fast deplatziert und übte dadurch sofort eine große Anziehungskraft auf mich aus. Da will ich hoch – war mir schon vor Jahren klar. Es dauerte, aber in diesem außergewöhnlichen Sommer 2015 machte ich mir den damaligen Traum wahr.

Ich hab Respekt vor dieser letzten Seillänge. Es ist die schwerste für mich, ich bin bereits müde, es ist kalt. Aber andererseits ist es die letzte und ich bin gespannt, was kommen wird. Ohne groß zu zögern steige ich ein und hangle mich von Borhaken zu Schlaghaken zu selbstgelegten Friends… Es läuft – die Schwierigkeit liegt eher darin, sich zu entscheiden, was für eine Art der Kletterei man anwendet. Um ehrlich zu bleiben: Es ist eine 5c+, das ist nicht mal eine 6+ – für andere ist das Kinderkram. Aber es ist für uns zwei Mädels das erste Mal seit Ewigkeiten wieder im Granit und irgendwie erzeugen diese klaren Strukturen durchaus Respekt. Trotzdem geht alles echt gut und bald spickel ich über die Kante: Sonne, blauer Himmel, STAND! Geil! Ich sichere Karo nach, die es mit dem dicken Rucksack deutlich schwerer hat und hole mir oben unser verdientes High-Five ab. Eine Tour, die im Führer mit „anspruchsvolle Tour, ein Rückzug ist schwierig“ und „lange, alpine Tour, die nicht unterschätzt werden darf“ beschrieben wird, haben wir in der Tasche. Ein schönes Gefühl, wenn Träume wahr werden. Was für ein Sommer!

Zur Ankunft gibt es eine wunderschönen Sonnenuntergang... EIn bisschen Urlaubsfeeling muss schon sein... Ohne Friends wäre die Tour psychisch anspruchsvoller. Der Mond verschwindet gerade hinter dem "Horu" und gibt den Blick auf die Milchstraße frei. IMG_8338 Das Zervreilahorn mit Mond, Milchstraße und Ssternenhimmel. Das Zervreilahorn im Sonnenaufgang.. Wir starten gemütllich irgendwann gegen sechs Uhr. Zunächst mit denn Bikes um den See... ...und zu Fuß weiter. Der Zustieg ist kurzweilig und wunder-, wunderschön. So beeindruckend, dieses Horn! Spiegelung. Ein herrlicher Biwakplatz nach dem anderen... Die erste Seillänge entpuppt sich im Nachhinein wohl doch nicht als 5c, sondern als 6a+. Gut, dass ich das erst im Nachhinein herausgefunden habe - so gelang immerhin ein sauberer Durchstieg. Karo erwischt die 6a - ein herrlicher Riss mit interessantem Finale. Wir sind an diesem Tag nicht nur die einzige Mädelsseischlaft, sondern auch die einzigen, die den Vorbau mitnehmen. Sobald wir am Haupteinstieg sind, wimmelt es von Leuten... Wir stecken zwischeen zwei Seilschaften - aber alle sind nett und redselig :) Herrliche Ausblicke... Karo in einer der wenigen Traversen. Tiefblicke auf beiden Seiten für die taffe Vorssteigerin. Jetzt wirds dann schwer... Eine der Schlüssellängen - Riss? Verschneidung? Spannend allemal! Diese Ausblicke!!! Vor der zweiten Ccrux wird es nochmal etwas leichter... ...und dann gehts los. Etwas einschüchternd! Ohoooobeeeen!!! Die letzte Seillänge ging richtig gut und schon hatten wir die Tour in der Tasche. So genial!!! Herrliche Blicke beim letzten Sichern. Na, wo isse denn? ...da isse! Nur eine kurze Pause, es grollen immer wieder entfernte Donner. Die markante Verschneidung der Nachbarroute. Sieht spannend aus. Und brutal schwer. Abseilen für Entspannte! Die Piste ist perfekt eingerichtet, easy zu finden und birgt kaum Potenzial für Verhänger. Hach, wäre es doch überall so....! Abfahrt! Tolle Wand an diesem Zervreilahorn! Während des Abstiegs schauen wir immer wieder zurück... Was für ein tolles Horn! Noch ein letzter Blick.... Blick nach vorn... Das fiese an der Unternehmung:  Am Ende warten noch einige Höhenmeter, die per Bike wieder hochgefahren werden wollen... Das Horn im Abendlicht. IMG_8351 Sonnenaufgang am Zervreilahorn. Ein allerletzter Blick auf das Zervreilahorn... Gestern waaren wir dort am Klettern! Verrückt....

 

Momente: Tranquillo (Via Heinrich, Klein Furkahorn)

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DCIM103GOPROZugegeben, die Tour war deutlich leichter als gedacht, aber eigentlich genau das Richtige nach so einer Mammuttour gestern an der Wilden Leck. Nach nicht mal einer Stunde waren wir oben und saßen entspannt im Gras, futterten Datteln und genossen das sagenhafte Panorama über den Rhonegeltscher. So imposant wie früher ist er wohl nicht mehr, aber ein herrlicher Kontrast zu den heimischen (Gras-)Bergen bleibt diese Umgebung allemal. Ein schöner Auftakt zu diesem lang ersehnten Kurzurlaub!

 

Lern halt! (Perrenoud, Klein Bielenhorn)

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Noch während des Zustiegs waren wir unentschlossen, was wir an unserem ersten Tag am Furkapass („little Chamonix“!) klettern wollten. Hannibalturm? Die berühmte Galengratverschneidung? Was am Chli Bielenhorn? In ersterem sahen wir schon von weitem Scharen an Kletterern und die Galengratverschneidung lag noch lange im Schatten. Zwei nette Franzosen/Spanier/Schweizer schenkten uns nach einem ausgesprochen sympathischen Gespräch kopierte Topos („isch drücke intzwischän immär tswaai Topos auss – man wais ja ni, wäen man so triffd!“) und machten die Entscheidung fix. Die schwerste Route also direkt als erste Tour. Wer braucht schon Eingewöhnung!

Ein paar Stunden später. Der erste Blick auf die große Wand des Chli BIelenhorn. Zahlreiche Klettertouren durchziehen dieses feine Stück Fels.Die erste Crux-Länge dieser Tour war wirklich easy. Motiviert und womöglich etwas überheblich steige ich in die nächste ein – so schwer wird’s schon nicht werden! Anfangs zieren noch Borhaken den Weg, an einem Dach ist nicht ganz klar, ob drüber oder drunter durch. Ich probiers oben drüber, entscheide mich um, hangle unten entlang. Bin angespannt, lege sicherheitshalber noch einen Friend in den breiten Riss – wohlwissend, dass er Seilreibung verursacht. Aber wenn meine Seillänge ähnlich kurz ist wie die vorangegangene, kein Problem. Ich ziehe ums Eck und bin ziemlich sicher, dass das bestimmt die schwerste Stelle war. Über mir eröffnen sich schöne Risse, die bereitwillig Friend nach Friend aufnehmen. Langsam bekomme ich doch dicke Arme und merke, das mein Gurt inzwischen überraschend leicht ist. Der Seilzug dafür umso stärker. Verdammt, der Friend im Dach hätte nicht sein müssen.

Leer

Lena nach der Abenteuerlänge. Perrenoud, Chli Bielenhorn.Ich klettere weiter, hoffe auf jedem Band auf den Stand. Nichts kommt, bald hängt nur noch eine einsame Exe an meinem Gurt. Damn it. Ich rupfe am Seil, es geht echt schwer. Denke noch an die Lektion von der Cassin (Seilreibung vermeiden!!!) und verspreche mir, künftig Halbseile nicht mehr als Doppelstrang in die Karabiner einzuhängen und noch besser auf den Seilverlauf zu achten. Die Züge in dieser Verschneidung werden anstrengender, weil zum Körpergewicht noch das Seil dazukommt, das nach unten zieht. Nach kurzem Zögern verwende ich die letzte Exe, es hängt jetzt nichts mehr am Gurt. Nichts. Der nächste Stand muss einfach auf dem Band über mir kommen. Muss einfach.

Komm schon…!

Am letzten Stand. Ab hier ginge es in "leichter Kletterei" nach oben. So leicht sieht es für uns nicht aus, außerdem steht die Sonne schon tief. Gute Entscheidung, wie sich nach den zwei Seilhängern beim Abseilen noch herausstellen wird.Komm schon. Stand. Komm schon. Ich klemme mich in die Verschneidung, ziehe erstmal etwas Seil nach, mache einen weiteren Zug, kann über die Kante sehen. Oida leck, da ist er! Stand! Geil! Leider einen Meter über und drei seitlich von mir. Eine diffizile Querung mit einem Seil, das stur nach unten zieht – es gibt schon auch schönere Situationen. Aber alles geht gut und mir entfährt ein erleichterter Seufzer, als ich mich in den Gurt setze. Puh, Abenteuertrip! Nach einigen Minuten kommt Lena hinterher, sichtlich erschöpft. Aber wir haben diese Seillänge beide ordentlich durchgestiegen, das freut uns enorm. Sie meistert noch souverän die letzte schwere Länge, übrig bleibt nur noch was Leichtes oben raus für mich. Die Aussicht ist phänomenal, das Wetter sowieso. Die Tour war durchaus am Limit, aber wir sind oben angekommen und waren den Herausforderungen gewachsen. Wir sind glücklich. Und wirklich stolz.

Facts

Schöne Tour, die anfangs leider recht botanisch ist. Vorsicht beim Abseilen, wir hatten zwei Hänger. Die letzte Seillänge geht in der Originalführe ein paar Meter gradaus hoch und dann rechts in die Verschneidung. Weiter geradeaus durch das Risssystem ist ebenfalls 6a – nicht ganz leicht, aber sehr schön. Wir hatten uns für diese entschieden.

Sonnenuntergang am Abend vor der Perrenoud. Der Auftakt ist ganz schön botanisch... Die erste Cruxlänge kommt uns sehr kurz vor und gelingt uns problemlos. Und schon wieder so sympathische Leute! Nachdem wir die zwei Franzosen/Schweiz-Spanier getroffen hatten, lud uns ein anderes älteres Paar auf einen Kaffee ein, weil die Frau ebenfalls aus dem Allgäu stammte. Und dann die zwei sympathischen Schweizer in der Nachbarroute... Nicht nur die Kletterei hier oben ist außergewöhnlich, auch die Leute, die hier zusammenkommen! Auf dem Weg in die Cruxlänge. Herrliches Wetter. Lena kommt nach. ...und rockt die letzte schwere Seillänge. Herrliche Aussicht oben! Endspurt! Yeah, yeah, yeah! Zwei Grinsekatzen am obersten Stand der Perrenoud. Vom Abseilen gibt es nur ein einziges Bild - eigentlich nur damit ich selbst nicht vergesse, wie grauslig die Abseilaktion war... IMG_8387

Mag nicht mehr! (Galengratverschneidung, Furka)

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„Klettern am Furkapass (Galengratverschneidung, Hannibal)“ – das stand bereits im Winter schon auf meiner Alpinwunschliste. Der Punkt mit dem Furkapass stand mit der Wilden Leck ganz, ganz oben. Und nun waren wir tatsächlich hier!

Gemeinsam mit Freundin Lena hatten wir uns wegen der genialen Wettervorhersage gleich ein verlängertes Wochenende rausgelassen und auch wenn der erste Tag wegen der vermurksten Aktion an der Wilden Leck deutlich verkürzt war, reichte es da noch für die gemütliche Via Heinrich (klein Furkahorn) und am Tag darauf gleich für die recht (mental) anspruchsvolle Route Perrenoud am Chli Bielenhorn.

Zum Bergschrund

Am Gletscher zur Galengratverschneidung. Im Hintergrund der Hannibalturm.Nun also Tag drei. Der Kopf war durch, die Muskeln schon einigermaßen müde, die Motivation irgendwie nur da, weil ich mir die Tour halt so fest vorgenommen hatte. Wir stapften mit der Gletscherausrüstung ein weiteres Mal vom Auto in Richtung Sidelenhütte, seilten uns sicherheitshalber am Gletscher an und erreichten nach rund 1,5 Stunden den Bergschrund. Alter Schwede, ein tiefes Teil!

Skeptische Blicke zwischen Lena und mir beim Anblick der ersten Seillänge. Sieht schwer aus. Ist es ja auch, mit 6a+ die schwerste Länge überhaupt. Die Absicherung mit Borhaken und Friends schien aber machbar. Also halb über dem Bergschrund wackelnd irgendwie raus aus den Berg- und rein in die Kletterschuhe. Bloß nichts ins schwarze Loch reinwerfen – weder Ausrüstung noch sich selbst. Dann ein beherzter Schritt rüber an den Fels, Füße putzen und los ging’s!

Irgendwie cool!

Lena in der zweiten Seillänge der GalengratverschneidungDie Kletterei war anspruchsvoll, aber irgendwie cool! Mal wieder für Große gebohrt, aber egal, das waren wir Zwerge ja schon gewohnt. Lena zuckelte beeindruckt hinterher, meinte noch, dass sie die Seillänge sicher nicht vorsteigen hätte wollen: „Respekt!“, sagte sie. So schlimm war’s doch gar nicht. Sie stieg souverän direkt weiter und war bald außer Sichtweite. Zeit zum Gucken: Wow, schon schön hier. Sonne auf dem Rücken, der Gletscher unter uns, schroffe, ständig polternde Felsen um uns herum, die Schweizer Bergwelt  am Horizont. „STAND!“. Gut, genug geträumt. Ich also. Huch, das ist aber schwer für 5c. Schon auf den ersten Metern warteten ganz schön kleine Leisten, dann eine irgendwie schöne Verschneidung mit mächtigen Hakenabständen. Als Finale noch eine wahrlich gruselige Platte, gefühlt ungefähr so 290 Meter über dem letzten Haken. Oida Leck, die Seillänge hätte ich nicht vorsteigen wollen!! Lena lacht und meint, es wär gar nicht so schlimm gewesen. Langsam sind wir uns einig, dass Vorstieg leichter als Nachstieg ist…

Furcht- und Ahnunglos

Wilde Ausblicke aus der Galengratverschneidung auf den Gletscher.Wir zogen Länge nach Länge durch und teilten uns stets den Stand mit einer anderen irgendwie lustigen Deutsch-Schweizer-Seilschaft. Der eine absoluter Perfektionist, sehr umsichtig. Der andere ein „geht scho, basst scho!“-Typ – furchtlos ganz sicher, aber halt auch ahnungslos. Die Jungs bremsten uns aus, aber uns passte das irgendwie. Wir waren noch etwas gekennzeichnet von der wilden Abseilaktion von gestern – wir hofften darauf, gemeinsam abseilen zu können – die Jungs würden vielleicht Gentleman spielen und unser Seil retten, falls es sich mal wieder verfangen sollte. Das Furkagebiet lehrte mich jedenfalls bereits, mehr Respekt vor dem Abstieg als vor dem Aufstieg zu haben…

Zäh

Lena in (unserer) letzten Seillänge der Galengratverschneidung am Furkapass.In der viertletzten Länge, eine lächerliche vier-irgendwas! – gruselte es mich zu Tode. Die Länge führte echt ausgesetzt durch große Blöcke, die teils fest waren. Teils halt auch nicht. Links rum, rechts rum!? Kein Plan! Ich traute mich nicht recht, Friends zu verstecken, nicht dass die hier noch den halben Berg aushebeln. Ohne wäre aber auch blöd, also doch mal einen Friend, mal eine Schlinge, sogar mal ein Keil. Und mit jedem Placement wurde die Seilreibung größer, weil man sich ständig um irgendwelche Blöcke herumschlängelte. Mir ging die Düse, ich hatte keine Lust mehr. Hatte ich schon in der vorangegangenen Länger nicht mehr! Die Aktion an der Wilden Leck, der ganze Fahrstress, die schwere Tour gestern und dann hier so ein blödes Gehampel zwischen losen Blöcken. Immerhin markierte der Johnny aus der anderen Seilschaft den nächsten Stand mit sich selbst. Sehr gut, dann wusste ich wenigstens auf den letzten Metern, wohin ich musste. Ich war durch und kuschelte mich zu ihm an den leicht unbequemen Stand. Lena kam nach, noch ziemlich frisch. Ich beichtete, dass ich nicht mehr mochte. Sie zögerte, wollte wenigstens noch bis zum großen Band klettern. Weiter wäre ohnehin nicht gut, wir waren schon echt spät dran. Okey, bis zum Band. Na gut, ich krabbel hinterher. Schlappi.

Im Pulk abwärts

Am Stand oben sammelte sich alles. Mehrere Seilschaften kamen von oben gerade abgeseilt plus wir zwei Seilschaften von unten. Kuriose Überholmanöver unausweichlich, weil ja irgendwie jeder noch in der letzten Sonnenwärme runter wollte (und jemand über sich haben wollte, falls sich das Seil verhängen sollte. Ja ja!).

Hungriger Bergschrund

Der Hannibalturm in der letzten Sonne.Letztendlich waren wir irgendwie doch die letzten, weil wir zu viert abseilten. Die lose Schuppe, die unser Seil beim dritten Abseilen umschlungen und beim dran Ziehen halb ausgehebelt hatte (andere Seilschaften direkt unter uns, Halleluja) noch im Kopf, machte ich drei Kreuze, als wir tatsächlich am Gletscher ankommen und das Seil komplett neben uns lag. Yeah! Und gleichzeitig: SHIT! Unsere Ausrüstung lag noch halb im Bergschrund – mit Kletterschuhen klettert es sich wenig schön auf sehr steilem Schnee. Und wie zieht man Bergschuhe an, wenn man nirgends stehen kann?! Der schwarze Schlund immer neben einem, der nur darauf wartete, Ausrüstung zu futtern… Meinen Socken nahm er gleich, den Schuh des Kollegen auch. Aber Gott sei Dank beides so, dass wir alles noch bergen konnten.

Passt!

Schöner Abend.Irgendwann hatten wir tatsächlich Ausrüstung und uns selbst über den steilen Rand gehievt und standen auf der anderen Seite, der flache Gletscher in greifbarer Nähe. Jetzt war es tatsächlich vorbei. Ich war froh, gleichzeitig aber auch etwas enttäuscht. Ich hatte mich sehr auf die Tour gefreut. Aber andererseits hatten nur noch zwei Seillängen gefehlt – und auf einem Gipfel wären wir ohnehin nicht rausgekommen, nur auf einem Grat. Alles nicht so schlimm, die Kletterei war cool und die schwere Seillänge gelang mir easy im Onsight. Passt schon, passt schon!

Morgen wird’s was geben!

Wir sprangen in weniger als einer Stunde zurück zum Auto und erreichten es mit dem letzten Licht. Frühstücken, Klettern, Abendessen, Schlafen. Irgendwie kein besonders „entspannender“ Urlaub – aber ein spannender, sowas von! Und morgen kommt wohl das absolute Highlight: DER HANNIBALTURM!

Conquest of Paradise (Hannibal, Furka)

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Montag. Tag vier. Alles tut weh. Die Haut an den Fingern ist kaputt, die Muskeln müde, die Füße schmerzen von den engen Schuhen, die Haut spannt von der vielen Höhensonne. Aber egal, heute geht es nochmal so richtig zur Sache. Eigentlich zum Highlight dieses Trips: HANNIBALTURM! Yaiaiaiai!

Die Conquest of Paradise im Morgenlicht. So schöööön.„Der Hannibal“ ist ein freistehender Turm, der vom Plaisir-Chef Jürg von Känel persönlich entdeckt und eingebohrt wurde. Um den ganzen Turm wurde eine richtig kleine Story gebaut. Am kuriosesten ist wohl die (echte!) Bushaltestelle am Gipfel, inklusive Fahrplan, Schild und Bank. Und so gibt es am Hannibalturm die Haltestelle „Hannicity“, die rote HanniBANK, es gibt eine Highline, die Hanniline und natürlich die passende Route Hannimoon.

Das Ding muss gut sein!

Lena rockt mal wieder souverän die zweite LängeJeder, der an diesem Klapfen bisher geklettert ist, war einfach schwerauf begeistert. Ich wollte da hoch. Allerdings viele, viele andere auch, weshalb der Turm in den vergangenen Tagen regelrecht belagert war. So wollten wir nicht klettern, weshalb wir alles auf eine Karte setzten und den Hannibal für unseren letzten Tag (Montag!) planten – möglichst früh, um der Menge am besten irgendwie zuvorzukommen.

Eroberung im Morgenlicht

So stiegen wir im herrlichen Sonnenaufgang die letzten Meter zum Einstieg und kletterten in roter Morgensonne an diesem sensationellen Fels nach oben. Wohlgemerkt: Völlig allein!

Letzte schwere Seillänge geschafft!!Jede einzelne Seillänge war anders, wartete mit großartigem Fels auf und hielt immer irgendeine Überraschung bereit. Wir waren schwer begeistert. Soooo schön!! Nach wenigen Stunden waren wir oben, gerade als unten sich die ersten Verfolger aufmachten. Wir genossen komplett allein die Aussicht von der gemütlichen Hannibank. Und diesmal klappte auch das Abseilen wie am Schnürchen. Es lief wirklich perfekt und wir hüpften pünktlich um zwölf nach einem kurzen Kaffee in meinen Bus. Nach Hause, weg von diesem traumhaften Ort! Wir kommen wieder, gar keine Frage.

Facts

Lena und ich am Gipfel.Der Furkapass ist ein wahres Paradies, egal ob für klassische Hochtouren, für Grate, für Trad-Kletterei, Plaisir par excellence oder anspruchsvolle geboltete Touren. Am Parkplatz kann problemlos gecamped werden, Wasser gibt’s nach etwas Suchen auch. Einfach perfektektektekt!!! Wahnsinn!

Am gleichen Wochenende geklettert:

 

Das (aus der Mammut-Werbung) berühmte "Kamel" am Furkapass. Sonnenaufgang in den Schweizer Bergen. So schön. Der Mond ist auch noch da. (Klein Furkahorn) Die Bushaltestelle auf dem Hannibalturm im ersten Morgenlicht! Lena im Morgenlicht in der ersten Seillänge. Plattig! Da rockt sie mal eben! Top! Wir habens echt geschafft, ganz entspannt und wie immer sauber in Wechselführung. Was für ein geniales Wochenende! Absolut traumhaft! Im Hintergrund das Kleine und Große Bielenhorn, die Sidelenhütte und überhaupt einfach ein sensationelles Panorama. Es ist schon nochmal was anderes, inmitten einer Gletscherwelt zu klettern. Am GIpfel des Hannibalturm, inklusive Bushaltestelle, Bank und Fahrplan. Im Hintergrund das Groß Bielenhorn (re) und der Galenstock. DCIM103GOPRO Schaut plattiger aus, als es in Wirklichkeit war. Die Abseilpiste ist jedenfalls absolut genial eingerichtet - selbst die Richtung, in der der nächste Stand ist, wurde angezeichnet. Plaisir pur. Heil wieder unten.

Alpiner Spaß (Il cuore d’oro, Arco)

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Wenn es nicht der Sicherheit dient, solle man sich das Platzieren von Keilen und Friends sparen und weiterklettern. Der Satz schießt mir durch den Kopf, während ich ein paar Meter über – oder viel mehr neben – der letzten Sicherung stehe und einen eher fragwürdigen Friend aufwändig in einen Riss fummle. Aber für den Kopf hilfts. Geht scho, basst scho. Was soll das Geraffel denn auch am Gurt baumeln.

Arco wie ich es kenneArco ist ja für mich der Inbegriff für Laissez-Faire. Für Eis essen, Kaffee trinken und Pizza essen. Mit dem Sonnenaufgang aufwachen, gemeinsam mit tollen Menschen an sonnenbeschienenem Fels einfach das Leben genießen. Entspannt. Gemütlich. Alles easy. Das stimmt auch, so lange man nicht mit einer Wilden aus München loszieht.

Alles ganz entspannt

Zwei Tage Sportklettern, ein Tag eine Mehrseillänge. Sie kenne da was, war da auch schon mal. 6+, nicht schwer! Ja gut, 6+ klingt entspannt, machen wir. Und danach schön ins Café. Am Abend zuvor spickel ich noch kurz ins Topo und lese was von „alpiner Absicherung“, denke aber irgendwie nicht weiter darüber nach. Wir sind doch in Arco. Während wir am nächsten Tag zum Fels zusteigen, frage ich nochmal nach. Sie druckst rum und meint dann nur: „Ja, also alpin ist es schon„.

Scheiße.

Oder eben nicht

Da oben kommt bestimmt noch ein anderer Haken... oder...?! Nein? Nein... © Kerstin H.Ich bin angespannt, hatte irgendwie mit was anderem gerechnet. Kenne die Lady nicht, weiß nicht, was sie normalerweise für Kaliber klettert. Aber gut, erstmal rein, 6+ sollte eigentlich immer gehen. Andererseits: Wie gesagt, wir sind in Arco, da ist eine 6 gern auch mal schnell eine 7.  Am Einstieg sehe ich weit oben den ersten Haken, klettere in naiver Zuversicht los, dass sich da ganz sicher davor noch irgendwo ein Haken auftut. Nope. Alles klar, das wird ein Abenteuer! Ich freue mich über einen der drei Friends, die eher zufällig am Gurt hängen, komme nur mit Ach und Krach an den bereits verlängerten Haken ran und finde, dass UIAA 6 manchmal eben doch auch ganz schön knifflig sein kann.

Die Cuore d’oro

In einem der zahlreichen Quergänge © Kerstin H.Die Tour durch das goldene Herz ist vielen wohl ein Begriff. Wer es weiß, kann an der südseitigen Wand kurz vor Arco durchaus ein orangenes Herz erahnen in dieser teils doch etwas botanischen Wand. Die Tour führt am untersten Teil hinein und anschließend mittels multipler Quergänge oben wieder raus. Insgesamt 12 Seillängen, alles bis 6+ (oder 7-, je nach Angabe). Der Fels ist gut geputzt, insgesamt überraschend fest. Wer Keile und Friends mittlerer Größe dabei hat, findet durchaus einige Platzierungsmöglichkeiten, die ich auch gerne verwendet habe – ganz im Gegensatz zu Kerstin, der Wilden aus München.

Routinier vs. Hibbeldi

Im großen Quergang, der Schlüssellänge der Tour Cuoro d'oro in Arco im Sarcatal.Wir krabbeln Seillänge um Seillänge weiter, Kerstin völlig routiniert, ich hibbelig und aufgeregt. Super professionell, Frau Ulligunde. In einem der Quergänge entfährt mir einige Meter neben der letzten Sicherung ein ganz kurzer Fluch, weil das alles so gar nicht meinen Erwartungen entsprach. Aber Mann, eigentlich ist’s nicht so schwer. Gruseln kann man sich dennoch ganz famos.

Im Stau

An der Schlüssellänge laufen wir auf eine leicht überforderte, deutlich mehr gegruselte Seilschaft auf. Der Johnny traut sich nicht über das Dach, probiert, kehrt um, probiert nochmal, fürchtet sich ernsthaft. Darf man so jemand eigentlich anfeuern oder fühlt er sich dann unter Druck gesetzt? Irgendwann schafft er es doch, sein Kumpel folgt ihm rasch und ebenso schnell ist auch Kerstin am nächsten Stand. Mit ausgekühltem Körper zittere ich mich den Quergang rüber.

Ganz leicht botanisch.Von nun an leicht

Ein beherzter Griff in die Exe an der Schlüsselstelle, weil ich keine Lust habe, da jetzt lang rumzuhampeln und wupp, bin ich am Stand und alle schweren Seillängen hinter uns. Ich werd entspannter, kann die folgenden Seillängen deutlich mehr genießen. Ganz oben wird nochmals eine schwere folgen, aber angeblich steil, direkt nach oben, kein Quergang. Eher mein Metier. Bis dahin warten aber noch einige botanische und sehr botanische Seillängen, aber unter uralten Eichen sichert es sich immerhin sehr gemütlich.

Spaßkletterei

Wir reisen durch graue Platten, weiße Platten, gängige Verschneidungen – Seillängen, die ich eindeutig als pure Spaßkletterei bezeichnen würde. Und auch die zweitletzte, die steile Verschneidung, strotzt nur so vor Griffen und irgendwann bleibt nur noch eine für mich. Den Blick ins Topo spar ich mir, ich hab Hunger und es ist klar, wo der letzte Stand ist. Irgendwie hoch. Alter Schwede, schwer! Egal, genug Mimimi heute. Mit einer letzten graziösen Robbe lande ich „auf“ dem Ende dieser Felswand – alles ist flach, drum herum ist gemütlicher Wald und Sonnenschein. Ende mit senkrecht. Hach, schön dieser Moment.

Spaßiges Klettern in der Cuoro d'oro im Sarcatal.Chill mal

Der Abstieg über eine Art Via Ferrata ist überraschend schön und geht wirklich fix. Keine 30 Minuten später stehen wir am Auto. Ich bin happy – eigentlich lief es ja alles wirklich gut. Ich bin halt einfach kein Fan von Quergängen. Und kein Fan davon, mit falschen Erwartungen irgendwo einzusteigen. Andererseits ist es inspirierend zu sehen, dass mit mehr Kletterjahren sicher auch noch deutlich mehr an Routine dazukommen wird – das hat mir die Tour mit Kerstin gezeigt. Schwierigkeitsgradtechnisch sind wir auf einem ähnlichen Niveau, aber was die Ruhe und Entspanntheit angeht, sind wir noch Welten entfernt. Das ist im Grunde motivierend zu sehen, denn: Wer viel macht, wird routinierter. Und damit besser. Und ich hör jetzt auf mir nen Kopf zu machen, nach zwei Jahren im Vorstieg muss man ja nicht gleich alles haben wollen müssen können. Chill einfach mal, Gunde.

 

 

 

Mit dabei war übrigens:

Helm von Skylotec und Thermoflasche von Hydro FlaskEine Thermoflasche/Getränkeflasche von Hydro flask, die sowohl kalte Getränke über 24h wirklich kalt und warme über 6h warm halten soll. Sie ist etwas weniger voluminös als herkömmliche Thermoskannen und kommt im Design von Kleen Kanteen daher. Auch die „Nicht-Inhaltsstoffe“ sind ähnlich: alles happy, alles ohne BPA und sonstigen Kram. Leider ist die Firmenwebsite so dermaßen langsam, dass man irgendwie schwer an Informationen rankommt.

Das Gipfel Hafer-Frühstück ist leider nicht mein Ding, es tut mir so leid. Gipfel Haferl ist ein kleines Startup aus Berlin, das Bircher Müsli für Expeditionen oder alpine Unternehmungen macht. Es ist alles happy, bio und eben ganz individuell ausgesucht. Ich mag aber einfach so Milchpulverzeugs nicht, es tut mir Leid :(

Nach der Überraschungs-Ausrüstungs-Versorgung von SKYLOTEC kann ich nach einem ersten Wochenende mit dem Material sagen:

Exen: Exen, sowohl alpin als auch die robusten fürs Sportklettern machen einen guten Eindruck. Obwohl die einen fürs Alpine sehr klein und leicht sind, bekommt man die Seile doch ganz gut rein – das ist bei manch anderen „Kinderexen“ wie ich sie nenne, häufig nicht der Fall. Die Sportkletterexen haben ein angenehm breites Band. Was mir besonders positiv aufgefallen ist: Die Karabiner für den Borhaken sind oben relativ flach, was das Abbauen in steilen Routen deutlich vereinfacht. Gefällt mir gut.

Rundschlinge: Sie ist innen aus Dyneema (Festigkeit) und außen aus  Polyamid, was sie wohl robust bei Seilreibung (Stichwort „Hitzebeständigkeit“) machen soll. Sie ist nahtlos, was das Fädeln von so mancher Sanduhr etwas erleichtert. Zumindest im neuen Zustand ist sie auch angenehm steif, was dafür ebenfalls praktisch ist.

Seil: 9,8mm zum Sportklettern. Sehr, sehr feines Teil. Angenehm zum Klippen und sichern. Es ist allerdings eher steif, was mich dazu bewogen hat, einen Sicherheitsschlag auf den Knoten zu bauen. Sicher ist sicher.

Fancy Schraubkarabiner: Ist ein Karabiner zum Sichern, nicht für den Standplatzbau, das habe ich aber erst auf Tour festgestellt. Er hat an der Seite einen Schnapper, der a) verhindern soll, dass der Schrauber aufgeht und/oder b) der Karabiner sich nicht dreht beim Sichern. Zum Bauen von Ständen taugt er nicht so sehr, weil dieser Schnapper immer wieder runterklappt und dadurch stört. Normalerweise verwende ich den Gridlock von Black Diamond, aber den von Skylotec werde ich wohl auch mal beim Sportklettern ausprobieren.

In der vorletzten Seillänge © Kerstin H.Gurt: Angeblich gibt es laut Skylotec nur zwei Größen an Gurten, „klein“ und „groß“. Ich habe spontan „klein“ gewählt – mit Konfektionsgröße 36 finde ich das jetzt nicht sonderlich „groß“. Aber Obacht, ich passe geraaade so in die Beinschlaufen und auch an der Hüfte ist das Teil beim Reinschlupfen ziemlich am Anschlag. Nach längerem Sitzen im Gurt wird es etwas unangenehm, was meiner Meinung nach aber dieser falschen Größe geschuldet ist. Ansonsten gefällt mir schon mal, dass der Gurt hinten nur EINE Plastischnalle hat, um die Gummistrapse zwischen Hüft- und Beinschlaufen zu verbinden. Die Mädels werden wissen, weshalb das so wichtig ist. Außerdem sind die Materialschlaufen angenehm angebracht, sodass man auch sieht, was hinten hängt. Also einfach beim Kauf auf die Größe achten.

Helm: Leider nicht so mein Fall, sorry Skylotec. Ich bin einfach das Hammerteil von Black Diamond gewohnt, das so angenehm weit runter geht und auch den Hinterkopf und weite Teile der Seite schützt – das hat mir womöglich schon mal einen heftigen Unfall erspart. Darauf möchte ich nicht verzichten. Zudem finde ich die Halterungen für die Stirnlampe doch arg labbrig – wenn man da mal den Helm inkl. Lampe abnimmt, fluppt womöglich gleich die Lampe weg. Finde ich nicht so schön. Noch dazu habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass Insekten bunte Helme furchtbar spannend finden und dann häufig um den Kopf kreisen – das ist bei neutral gefärbten Helmen nicht der Fall. Ob das bei lila aber auch so ist, weiß ich nicht, bei orange ist es so.

Gute Lektüre, während alle anderen noch schlafen. Griiins... Scheeeißee, worauf hab ich mich denn jetzt wieder eingelassen... Die Cuoro d'oro - das goldene Herz © Kerstin H. Ziemlich steil.  © Kerstin H. Erster große Quergang. Uaäh, Quergänge. Nicht mein Ding. © Kerstin H. Kurz mal schwer! oooreissn!! Aussicht kann schon was. Schlüssellänge der Cuoro d'oro Der gefällts :) Botanisch Wildeste Kletterei =) Noch mehr Botanik Ausstieg! War ja gaaar nicht sooo schweeeer :) Das ist eigentlich "Arco" für mich. Mit Freunden gemütlich den Abend verbringen.

 


Der Weg durch den Wacholder (Sei Prophet, Taufenkopf/Zillertal)

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Mmmhhh, der Duft von Wacholder! Ein paar Grashalme im Gesicht, eine störrische Latsche, die sich in den Friends verfängt, dicke Wurzeln in den Händen. Dazwischen ein Stück Fels, das ich beim ersten vorsichtigen Griff gleich wieder ebenso vorsichtig zurückschiebe. Nicht fest, war ja klar. Also doch die Wurzel. 

Zumindest eine wirklich abwechslungsreiche Seillänge gibts!„Großartige Kletterei, fester Granit, perfekt absicherbar“, da denke ich persönlich an unsere herrliche Tour am Zervreilahorn oder am Furkapass. Fester Granit, kaum Botanik, perfekte Möglichkeiten für bombenfeste Friends, fast jede Seillänge ein Schmaus.

Der geneigte Zillertaler scheint deutlich toleranter zu sein, was das Verhältnis „richtig gute Seillängen vs. Botanik“ angeht, denn ganz offensichtlich wird in dem Bergvolk das Verhältnis 2:7 noch als absolut lohnenswert empfunden. Ich dachte das können nur die Allgäuer mit ihren Grasbergen!

Los geht’s

Der Einstieg der "Sei Prophet" im Zillertal sieht irgendwie besser aus als er ist...Auf geht’s. Sechser-Gelände, das ist eigentlich Genuss pur, speziell bei einer Verschneidung! Denkste! Die erste Seillänge will gleich mal richtig gepackt werden und raubte mir prompt das Selbstvertrauen. Alter Schwede, wie sind denn die Zillertaler drauf!

Ich versenkte drei Friends zwischen geschichteten Steinen, die wohl eher nicht gehalten hätten. Finale in übler Botanik, wo es nicht mal festes Allgäu-Gras zum Festkrallen gibt, ein schmodderiges Fixseil hilft ein wenig. Sehr sehr vorsichtiges Geschiebe bis zum gebohrten Stand.

Ich gebe spontan nach der ersten Seillänge auf, obwohl ich die ersten beiden Längen eigentlich zusammenhängen wollte. 40 Meter, im Granit ja eigentlich kein Problem – mag man meinen. Wenn das da aber gerade Sechser-Gelände war, will ich nicht im Vorstieg ausprobieren, wie schwer dann 7- ist. Das darf der Meister machen.

Wacholder-Gekrabbel erster Güte

Der Meister auf dem Weg zum ersten Stand.Er tänzelt vorsichtig und irgendwie ungewohnt holprig durch die kurze Verschneidung, lässt vorsichtshalber die hohl klingenden Schuppen aus, verschwindet und hängt gleich den folgenden Quergang noch dran. Sehr gut.

Ich hinterher, die „Crux“ der Länge löst sich mit etwas Kraft angenehm auf und gibt ein wenig vom Selbstvertrauen zurück. Hätte ich wohl auch geschafft, Mist. Das Finale findet in noch ausgewachsenerer Botanik statt, die Querung ist ein Wacholder-Gekrabbel erster Güte. Die paar Steine, die rausstehen, machen irgendwie einen mittelmäßig festen Eindruck. Quergänge ohne Sicherung in Schmodder. Hoffentlich wird die Tour bald gut…

„Jubel-Verschneidung“

Die "Jubel-Verschneidung" in der "Sei Prophet"Die vierte SL würde in einem Dolomitenführer wahrscheinlich als „Jubel-Verschneidung“ bezeichnet werden“ steht im Topo und ja, sie ist ganz nett. Das allergelbeste vom Ei war es jetzt aber irgendwie auch nicht. Das Finale ist diesmal zur Abwechslung nicht nur botanisch, sondern feucht. Es soll ja spannend bleiben!

Weiter geht es mittels weiter Züge an Schuppen direkt in – ah! Ihr wisst es doch! – jaaaa, Botanik!! Ich finde mich irgendwie mitten im Busch wieder und schiebe nach kurzem Anfassen vorsichtig eine große Schuppe wieder zurück an ihren Platz.

Durch den Kamin

Tja, wer kann der kann. Auch mit Rucksack zwischen den Beinen...Um auch mal was Positives zu sagen: Der Vorteil von dieser Art der Kletterei ist ganz klar, dass die Standplätze ausgesprochen gemütlich sind. Ich nutze das nur wenig, will lieber schnell weiter und krabbel direkt in die folgende 5-er-Seillänge. Der geneigte Alpinkletterer wird wissen: Fünfer bedeutet in den allermeisten Fällen: Botanik. Da macht die Tour hier selbstverständlich keine Ausnahme und so gibt es eine seltsame Mischung aus moosbewachsenem Fels, Wacholderbüschen und Latschen.

Inzwischen sind wir bei Länge sechs, bleiben nur noch drei, um die „großartige Kletterei“ zu offenbaren! Es geht vielversprechend los, denn der folgende Kamin mit kleinem Dach sieht spannend aus. Der Meister, der alte Valley-Fan, stemmt sich gekonnt in ein paar Zügen zum nächsten Stand und ich versuche mich ebenfalls zum ersten Mal in meinem Leben am Kaminklettern. Größte Crux dabei: Überhaupt mal reinkommen! Übrigens die erste Länge ganz ohne Wacholder. Da vermisst man ja schon fast was.

In den Wald

Der letzte Stand oder sowas...Statt Botanik gibt es in der nächsten Länge erstmal richtig viel Schmodder, was aber eher an einer falschen Wegwahl liegen dürfte. Also wieder raus aus dem Loch und außen hoch. Ausgesprochen wackliger Zug und direkt in den Wald. An Fichten und großen, eher losen Blöcken nach oben schieben.

Als die Seilreibung zu heftig wird, suche ich mir einen sonnigen Baum mit Aussicht und merke erst später, das ich da wohl gerade zwei Längen zusammengehängt habe. Jedenfalls geht’s nach oben nicht mehr weiter. Auch gut.

Beste Chancen auf Seilverhänger

Schöne Aussicht auf Ginzling im Zillertal. Blue sky!Wir vernaschen einen verdienten Chimpanzee-Riegel (Schoko-Espresso, was für eine geniale Mischung!) und wackeln in heftigem Wind zur ausgesetzten Abseilstelle. Im Topo stand irgendwas, dass man beim „zweiten Abseiler“ unbedingt den linken Stand nehmen solle, weil sich das Seil beim anderen immer im Riss verhängt. Bei dem starken Wind gibt es in dem Gelände hier ohnehin viele Möglichkeiten für Seilverhänger. Yirks, seit dem Furkapass hasse ich ehrlich gesagt Abseilpisten durch Granit.

KOMM SCHON!

Jap, so wünscht man sich das Abseilen. Nicht.

Wir interpretieren „zweiten Abseiler“ falsch (ist damit der zweite Stand oder das zweite mal Abseilen gemeint? Ersteres, jetzt wissen wir es auch) und wählen quasi die falsche Seite. Er am unteren Stand ums Eck, ich sicherheitshalber am oberen, Kommunikation wegen des Windes mittelprächtig möglich. Alleine das Seil abziehen, natürlich verhängt es sich am Baum. Komm schon. KOMM SCHON.

Kurz mal hoher Puls, ich hab hier wirklich, wirklich keine Lust, wieder so eine bescheuerte Seil-Berge-Aktion durchzuführen. Aber der Knoten löst sich mit ein bisschen Hin und Her doch noch. Tiefes Durchatmen. Wuuuusa, alles gut. Puh…

Und ab durch die Hecke

Umbauen, Seil sichern, am Meister vorbei abseilen zum wiederum nächsten Stand mitten in der Wand. Er wieder zu mir und weiter aufs breite Gras-Baum-Band. Hier würde ich den Erschließern am liebsten einen Abseilstand spendieren, damit man einfach über die Wand, anstatt über die Botanik abseilen kann. Aber egal, wir wählen den Weg durch tiefe Wacholderbüsche, ignorieren den Zwischenstand und fahren direkt bis zu unseren Rucksäcken. Wenn sichs jetzt verhakt, wirds nervig :)

Ich will gar nicht hinschauen, wie er das Seil abzieht, aber plötzlich taucht der Knoten auf und wenig später saust das zweite Ende Richtung Boden. Halleluja!

Kann man machen

Die Tour kann man schon machen, sofern man bei der Beschreibung nicht den Vergleich mit Furka oder Chamonix in Betracht zieht. Die Verschneidung und der Kamin sind nette Längen. Wer das Legen von Sicherungsmitteln lernen möchte, fährt aber eventuell doch lieber an den Furkapass. Trotzdem war’s ein schöner Tag mit toller Begleitung. Und darum geht es ja letztendlich.

Facts zur Tour gibts unterhalb der Bildergalerie.

Mal wieder: Ein Tag für ihn, einen für mich. Der erste ist zum Sportklettern gedacht, wobei der Morgen noch viel Vertrauen in den (eigentlich guten) Wetterbericht bedarf... Es wird!! Ein gemütlicher Tag an der Bergstation. Auch wenn mein Kopf heute so gaaar nicht will und überhaupt nix klappt. Aber mit Schoko und guter Aussicht ist ja alles gut. Jo, das mit dem Rissklettern muss ich noch sowas von üben... Der Küchenjunge leistet hervorragende Arbeiten. Mis en place ist das halbe Leben! 5-Millionen-Sterne Hotel. Auf der Suche nach einem sonnigen Frühstücksplatzl. Aus dem wahren Leben einer Ulligunde... Toptag! Die erste Seillänge sieht irgendwie cooler aus als sie ist. Ein paar Meter runout müssen wohl in Kauf genommen werden. Grasausstieg nach der ersten Länge. In der "Jubel-Verschneidung". Verschneidungs-Seilverknotungs-Aktion. Ausstieg nach der Verschneidung. Er auf dem Weg in ein kurzes Schuppen-Intermezzo, bevor es wieder botanisch wird. Immerhin ist die Aussicht wunderschön! So sieht geiles Alpinklettern aus, oder!? Tja, wer kann der kann. Und er kann das halt. Selbst mit Rucksack zwischen den Beinen. Wie kommt man da jetzt bitte anständig rein!? Der Kamin ist gutmütig und hat Tritte. Eigentlich ist nur der Ausstieg ein bisschen knifflig. Linksrum, rechtsrum... Einer der ca. vier Borhaken in der ganzen Tour. Im Wald gelandet. Jubiduuuu, ooohooobeeeen. Abseilpiste und "Sei Poet". Sieht gut aus! Wuah, dieser Moment, wenn man weiß, dass sich das Seil jetzt bitte nicht verhängen sollte... Tat es nicht, Halleluja! _DSC9856

Facts zur Tour „Sei Prophet“ (Täufer-Quartett) am Taufenkopf im Zillertal:

  • 9 SL, bis 7-, die meisten Stände sind gebohrt, an neuralgischen Stellen gibt es in der ganzen Tour etwa vier Borhaken.
  • Topo gibt’s hier.
  • Botanik wechselt sich mit wenigen lohnenden Kletterstellen ab, wobei das Verhältnis zwischen Bewuchs und wirklich lohnenden Kletterstellen gefühlt eher ungünstig ist.
  • Der Stand nach der „Jubel-Verschneidung“ wurde entfernt, es gibt aber Bäume (steht so auch im Topo)
  • Keile haben wir kaum verwendet, dafür aber das ganze Sortiment an Friends. Weniger ängstliche Kletterer kommen mit einem ausgedünnten Sortiment aus. Bei mir kam jede Größe mal zum Einsatz (00 bis 5, DMM, bzw 0.3-3 BD), dazu 10-12 Exen, je nach Vertrauen in die Haken.
  • Abseilen: Die erste Abseilstelle ist auf dem kleinen Fels-Steg, der in Richtung Haupttal (Westen) zeigt. Leicht zu finden. Von hier aus in Richtung Tal (West) abseilen. Hier finden sich auf dem baumbewachsenen Band zwei Stände – einer an der südlichen Kante, der andere ca. 10 Meter weiter links (Blick zur Wand). Hier evtl. besser den linken Stand nehmen oder zumindest gleich nach Westen hin abseilen! Drei Stände in der folgenden rissdurchzogenen Wand (Sei Poet), unten am Band in einem kleinen Felsstück war unser letzter Stand. Von hier aus in einem Abseiler bis zum Boden.
  • Es gibt ein Parkverbot an der eigentlichen Parkbucht. Auf dem Schild steht, dass „die Kletterfelsen wegen Steinschlag gesperrt sind“ und die „Grünwiesen nicht betreten werden dürfen – Zuwiderhandlung wird angezeigt“. Auf Nachfrage in der Tourist-Info ist hier wohl das Gebiet „Maruschkas Gartl“ gemeint, was wohl auch weniger mit Steinschlag, als mit einem genervten Grundeigentümer zu tun hat. Die Wände am Taufenkopf sind davon unberührt – vorausgesetzt man steigt links vom Graben auf, was ohnehin die logische Aufstiegslinie ist.

 

 

Blind Date in Arco: Genuss pur mit drei wilden Mädels

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Einige harte Arbeitswochen, nahezu abgeschlossene Projekte, der Freund noch auf Expedition. Da kam die Frage in der Mädels-Klettergruppe gerade recht. „Hab von So bis Mi frei – irgendwer Lust auf Arco?“ Innerhalb weniger Minuten fanden sich insgesamt vier motivierte Mädels, die einfach mal eben nach Arco starteten. Aber können solche Blind Dates gut gehen? 

Wilde Mädels in ArcoIch freue mich ja immer, neue Leute kennen zu lernen. Bei den meisten bleibt es einfach nur bei einer losen Bekanntschaft, bei manchen weiß man vom ersten Moment an, dass es einfach passt. Und im besten Fall findet man Bergpartner fürs Leben. Aber gleich für mehrere Tage mit irgendwem zum Klettern fahren, den man gar nicht kennt? „Das würde ich nie tun!“ höre ich da oft. Würde ich zum Beispiel mit Männern auch nicht machen, da ist mir das irgendwie zu aufwändig. So von wegen männlicher Profilierung, Angebaggerei, im gleichen Auto schlafen und so (sorry, Schubladendenken)… Aber unter Mädels? Ach, no risk no fun!

Verena in der Luna ArgenteaUnterweges mit Mädels

Als mich Verena bei Innsbruck einsammelt, ist vom ersten Moment sofort klar: Das wird geil. Wir verstehen uns auf Anhieb, verquatschen uns die Zeit bis Arco und sind pünktlich zur Mittagszeit in Belvedere, wo wir die zwei anderen Mädels treffen. Völlig unkomplizierte, direkte und aufgeschlossene Berghasen. Das werden geile Tage! Verena und ich krallen uns erfolgreich ein paar – für uns – recht schwere Touren und genießen einfach die warme Sonne, die schöne Aussicht und die hervorragende Absicherung.

Bei Bier, Drei-Gänge-Menü, blitzenden Gewitterwolken am Horizont und schönen Gesprächen haben wir einen großartigen Abend und fühlen wohl alle die angenehme Gewissheit, dass es gut war, herzukommen.

Klettern in Arco geht einfach immerDie Luna Argentea

Kerstin, die Arco-Spezialistin, hatte mir auf die Frage nach einer Routenempfehlung wie aus der Pistole geschossen die „La Luna Argentea“ geantwortet. Muss wohl was können! Ein Blick ins Topo und Verena und ich sind einig, dass wir die einfach mal ausprobieren. Schwierigkeitsgradtechnisch sollten wir deutlich darüber stehen – was ja aber nie bedeutet, dass man sich nicht anstrengen muss. Aber ein sechser, das sollte doch wohl gut gehen.

Schnick Schnack Schnuck entscheidet darüber, wer die erste Seillänge führtSchnick Schnack Schnuck entscheidet

Das tut es auch! Nachdem wir uns natürlich beim Zustieg verlaufen (wer muss bei so kurzen Zustiegen schon die Beschreibung genau lesen…?) steigen wir tatsächlich als einzige an diesem Tag in diese vielgelobte Tour ein. An einem sonnigen Pfingstmontag!

Per Schnick-Schnack-Schnuck erhalte ich die Ehre, die Schlüssellänge vorzusteigen. Ich hasse dieses Spiel 🙂 Bei herrlichem Sonnenschein cruisen wir Seillänge nach Seillänge durch und obwohl wir uns an den Ständen um einen schnellen Wechsel bemühen, kommen wir doch nicht allzu schnell voran. Etwas mehr als 20 Minuten pro Seillänge, für diesen Grad eigentlich eher langsam. 5+ ist halt auch in Arco nicht immer ganz leicht und das, obwohl wir uns das Legen von mobilen Sicherungsgeräten nahezu komplett sparen. Aber egal, wir haben keinen Stress.

Im Quergang in der La Luna ArgenteaFolge dem Fels im Gemüse

Als ich gleich in der vierten Seillänge mal kurz etwas ratlos bin, wo die Route eigentlich hingeht, ruft Verena ganz treffen von unten: „Folge einfach dem Grau zwischen dem Grün, dann findest du bestimmt den nächsten Haken!“

Tatsächlich ein hilfreicher Tipp, denn die Tour schlängelt sich gekonnt durchs Gemüse. Berührungspunkte gibt es aber überraschenderweise nahezu nie. Wir sind ja schließlich nicht im Zillertal 😉 Dass ich an einem Baum raufklettere, um den nächsten Griff am Fels zu erreichen, sei an dieser Stelle mal verschwiegen.

Plattengeeier

Platte vorbei, rein in den Runout.Die „Mondscheinplatte“, die schon von weit unten glatt in der Sonne glänzt, fällt in meine Führung und so zittere ich mich leicht unentspannt durch den Quergang. Querungen auf Platten, das ist ja wirklich meine Spezialität… 😉

Immerhin sind ganz akzeptable Griffe drin und mir entfährt ein erleichterter Seufzer, als sie rum ist. Dass oben ein sauberer meterweiter Runout ohne Sicherungsmöglichkeit folgt, weiß ich da ja noch nicht. Aber gut, einfach mal ruhig bleiben und weiterklettern. Atmen! Aaaatmeeeen…!

 

Zwergentod

Nach einem kurzen Fluch über den scheinbar großgewachsenen Wenn Mädels reisen!Routen-Einrichter, der den ersten Borhaken ausgerechnet in der schwersten Stelle der ganzen Tour um ein paar Zentimeter zu weit oben platziert hat, gelingt mit ein wenig Engagement auch diese Stelle und wir steigen nach etwas über vier Stunden aus der Luna Argentea aus.

 

Danach? Sonne, Kaffee, Bierchen, Mittagschlaf und am nächsten Tag noch ausgesprochen ansprechende Hangelei an schönen Sintern. Gegen Mitternacht hatte mich das Allgäu wieder und die Liste der Leute, die man für bestimmte Kletter- und Hochtourenideen fragen kann, ist um ein paar großartige Menschen länger. Gut war’s!

 

Mit dabei

Klettergurt Solaris von Edelrid

Zwergentod doch noch entronnenMit dabei war übrigens der „Solaris“, ein Klettergut für Ladies mit extrabreiten Schlaufen und Hüftgurt. Ich bin ja schon ewig auf der Suche nach dem „perfekten Klettergurt“ fürs alpine Gelände. Dieser kommt zwar schon sehr gut ran (sehr bequem, Materialschlaufen sehr groß und gut verteilt), aber hat leider an den Gummistrapsen hinten wieder mal nur einen Haken, statt einen Clipp. Klogehen ist damit weiterhin nur extrem umständlich möglich. Was denken sich die Entwickler!? Das Verschlusssystem, mit dem man die Form der breiten Hüftflossen etwas besser an die eigene Körperform anpassen kann, finde ich persönlich in erster Linie umständlich, da hätte es für mich auch eine Schnalle getan. Trotzdem ist der Solaris bis jetzt der beste Gurt, der mir fürs Alpinklettern untergekommen ist! Gefällt mir sehr!

Kletterschuhe Sparrow W’s von Lowa

Die Platte der Luna ArgenteaMit dabei waren auch noch die Alpinlatschen „Sparrow W’s“ von Lowa, über die ich zunehmend begeistert bin. Vom Schnitt sind sie wie die Katana, bloß etwas schmaler und vom Innenleben her etwas gemütlicher. Leider sind die Klettverschlüsse vielvielviel zu lange, aber wozu gibt’s Scheren.

Kletterrucksack Neon Speed von Mammut

Der Rucksack ist weiterhin der kleine von Mammut, den ich gerade für solche Klettereien langsam richtig schätze. Er bietet grad genug Platz für Wasser, Pulli, Zustiegsschuhe und Kleinkram und rutscht dank der vielen Fixierungsmöglichkeiten nie nervig herum. Gefällt mir!

Ein Tube lernt fliegen (Alpenland und Rabennest, Alpinklettern Zillertal)

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Nachdem wir bereits am vergangenen Wochenende gemeinsam in Arco unterwegs waren, ging es diesmal im Rahmen eines „Wilde Mädels“-Treffen gleich nochmal zusammen los – diesmal ins Zillertal. Und das, wo ich ja selbst gar kein Mädel bin. Trotzdem durfte ich mit, aber ich bin ja schließlich auch wohlgeformt, robust und alle freuen sich immer, wenn ich dabei bin. Oder ärgern sich zumindest, wenn ich nicht dabei bin…!?

Wir jedenfalls wanderten gemeinsam vom (wenig schönen) Gasthof Breitlahner vorbei an der (recht schönen) Klausenalm hoch zum Einstieg der Tour „Rabennest“. Nur vier Seillängen, angeblich ein echter Klassiker und einfach ganz, ganz toll. Sagen die Locals. Wobei man bei Zillertalern da durchaus eine gewisse Vorsicht walten lassen kann. Sagt die Ulligunde.

Der Plattenausstieg nach der zweiten Seillänge in der "Rabennest" im ZillertalDa stellt sich wer an!

Die Mädels jedenfalls machten sich fertig, überließen die Ehre des ersten Vorstiegs wieder dem Knobel-Zufall und so ging es am Gurt von der Blonden in einer etwas mutigen Bach-Spreiz-Überkletter-Aktion in die erste Seillänge. Nix Schweres, halb botanisch, aber klettertechnisch ganz nett. Die andere mit kurzen, dunklen Haaren kam mittelmäßig elegant hinterher und machte sich gleich an die folgende Länge, ein ziemlich steiles Schuppengehangel. Die Lady stellte sich ganz schön an, schnaufte, schnaubte und war irgendwie leicht unentspannt. Völlig übertrieben, es war schließlich nur eine 6- und man wusste vor lauter Riesengriffen gar nicht, wohin greifen. Und dann auch noch sooo viele Borhaken!

Im freien Fall zurück auf Los

Der Ausblick, den das Sicherungsgerät in etwa hatteAls das Mädel sich dann noch beeindruckend angespannt über die abschließende Platte zitterte, konnte ich das einfach nicht mehr länger ertragen. Ich dachte nicht lang nach und sprang direkt bei der nächsten Gelegenheit von Bord, gerade als mich die Blonde losband. Einfach weg.

Es ging sofort nach unten, vorbei an einigen Borhaken und ein paar Bäumen. Huuuui! Der Wind  streifte durch meine Löcher, umschmeichelte mein Drahtband… Als ich gerade eine spaßige Reisegeschwindigkeit erreicht hatte, katapultierte mich ein Felsvorsprung überraschend weit weg von der Wand. Ich flooooog und flog und landete letztendlich weich im Gras. Perfekt! Von hier hatte ich eine schöne Sicht hinunter in das Tal und hinauf auf das kleine Felsstück mit dieser massiven Verschneidung und den zwei Mädels.

Übertrieben gegruselt

Die letzten Meter der letzten Seillänge (Rabennest, Alpinklettern Zillertal)Die Blonde war nur mittelmäßig begeistert, dass ich mich aus dem Staub gemacht hatte, tänzelte dann aber ganz easy die Schuppen nach oben und hängte gleich den folgenden Riss an. Die Dunkle-Haare-Lady wieder hinterher.

Ich hörte noch irgendwas von wegen „ach, das war ja nur eine 6-!!“ als sie am nächsten Stand das Topo studierte. „Und jetzt kommt erst die 6+!“ Sie zögerte und irgendwie machte sie einen ziemlich unfröhlichen Eindruck.

Trotzdem stieg sie ein und saß gleich an der dritten Exe. Versuchte es nochmal, saß wieder. Nochmal. Und nochmal… Scheinbar hatte sie ein Problem mit der feuchten Verschneidung. Und ganz offensichtlich mit ihrem Kopf, das sah man ja selbst von hier unten.

Nach ein paar Minuten der beherzte Griff in die Exe. Ohje Kind, ist wohl 6+ zu schwer, hm? Weiter ging’s, ein paar Exen später ein ähnliches Spiel. Einsatz der Panikexe! Junge, Junge, wärt ihr mal besser wandern gegangen… Erreichen des Standes, die Blonde entspannt hinterher.

Ich, das Sicherungsgerät

Immerhin ist die Aussicht schön!Am Abseilstand dann große Beratschlagung, wie man jetzt am besten nur mit HMS runterkommt – ich, das Sicherungsgerät, lag schließlich hier unten im warmen Gras. Die Mädels schafften es aber und waren dank des langen Seils flink wieder am Boden. Die Blonde suchte mich noch ewig im Bach, kam mir aber nie wirklich nahe. Rührend, mit wie viel Hingabe sie nach mir Ausschau hielt! Aber was soll’s, hier oben war’s eh auch schön!

Getrennt und doch zusammen

Die Mädels jedenfalls verzichteten wohl wegen des Kopfproblems der einen und des Geräteproblems der anderen auf die zweite Tour in dieser Wand und packten zusammen. Wo ich mich schon darauf eingestellt hatte, dass unsere Wege sich nun wohl für immer trennen würden, hielt die Kopfproblem-Lady beim (weglosen!) Abstieg direkt auf mich zu. Schnurstracks, als wüsste sie, wo ich liege! Kurz bevor sie mich fast zertrat, entdeckte sie mich. Die Blonde freute sich wie Püppi mich wieder zu sehen. Na, das ist ja auch schön, wenn sich andere so freuen. Dann also doch keine Trennung. Auch ok. Nett ist sie ja eh.

Speisen im „The Shining“-Hotel

Die beiden trafen sich noch mit ein paar anderen wilden Mädels und statteten dem wenig empfehlenswerten Gasthof Breitlahner einen Besuch ab – zum Abendessen muss man da wirklich nicht hin. Überhaupt war es mit seiner dunklen Atmosphäre im inneren leicht gruselig. Jack Nicholson hätte jedenfalls ganz gut reingepasst. Als dann noch eine Gruppe betrunkener Junggesellen einschneite, verzupften wir uns und durften dank der netten Wirtin auf dem Parkplatz übernachten.

Danke Tube für Deine Flugschilderungen. Darf ich jetzt wieder, ja?

Besser nichts lostreten! Alpenland, Alpinklettern ZillertalAlso, hallo erstmal, Gruselgrunde hier!

Na dann übernehm ich mal das Gebrabbel vom zweiten Tag: Der brachte nämlich noch die Route „Alpenland“. Wieder so ein Turbomegariesenklassiker, durch den man laut Locals „einfach ganz toll durchcruisen könne“. Ich war nach der Watschen gestern mental einigermaßen im Eimer und überließ ganz ohne Knobeln den Vorstieg der schweren Seillängen der Verena. Die krabbelte routiniert wie immer den Haken hinterher, während ich mich meisterlich ungeschickt anstellte –  selbst in den leichten Seillängen. Wie der Anfänger vor dem Herrn zitterte ich von Haken zu Haken, die wirklich im Zentimeterabstand angebracht waren. Mobile Sicherungen braucht es in dieser Tour echt nicht…

Das Herzstück, eine Verschneidung im oberen sechsten Grad war dank des brüchigen, staubigen Felses und einer großen, losen Schuppe direkt in Falllinie überm Stand einigermaßen unangenehm, erst die beiden folgenden leichteren Seillängen brachten dann endlich etwas Freude. Was wohl auch daran lag, dass die angeblichen 6- wohl eher irgendwas im fünften Grad sein dürfte.

Facts zur Tour:

Rabennest

Erste Seillänge der Rabennest im Zillertal6+ (Schlüsselstelle eher 7-), 4 SL, komplett mit Borhaken gesichert.

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Wer nicht gerade ein massives Kopfproblem hat, der dürfte diese Tour wohl wirklich sehr genießen können. Sehr gute Absicherung, zusätzliches Material ist wirklich nicht nötig. Eher kräftige Kletterei. Abseilen über benachbarte „Blackbird“, sehr gut eingerichtet. Wir sind vom oberen Abseilstand bis zum ersten folgenden Stand und von dort aus frei hängend bis zum ersten eigentlichen Stand (auf dem Grasband) abgefahren. Die Blackbird kann direkt angehängt werden und ist je nach Variante leichter bzw. schwerer als die „Rabennest“.

Alpenland

Letzte (und recht schöne!) Seillänge der Alpenland6+, 7 SL, komplett mit Borhaken gesichert, kurze Seillängen.

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Nette Kletterei, gut abgesichert. Die große lose Schuppe in der zentralen Verschneidung trübt allerdings die Freude etwas, weil sie bei einem Ausbruch direkt auf den Stand fallen würde. Die eine Verschneidungslänge der benachbarten „Kreatour“ sieht saugeil aus!

Wer wenig Respekt vor Seilverhängern hat, kann vom oberen Stand zum dritten der Tour (nach der dritten SL) und von dort aus mit einem 60m Seil bis zum Einstieg zurück. Der eingezeichnete Stand auf Höhe des Fixseils (etwa auf der Hälfte der ersten Seillänge) war unauffindbar. Wir sind auf Nummer Sicher gegangen und sind vom obersten Stand zu dem Abseilstand ca. 40 m unterhalb. Der ist allerdings im Vergleich zu allen anderen Ständen (die alle mit Ketten und Karabiner versehen sind) nur mit Reepschnüren verbunden. In unserem Fall waren sie ganz neu.

 

Und dazwischen der Bach Aussicht vom zweiten Stand der "Rabennest" Kurzes, leichtes Intermezzo zwischen den beiden schwereren Seillängen. Die Patschen mag ich immer mehr! ...und der Rucksack ist auch ein richtig guter Kauf gewesen! Ziemlich fancy mit dem Front-Reißverschluss! _DSC0701 Verena macht den Anfang. Sehr gut gesichert und (im Nachstieg) auch ziemlich gängig! Verena in der vermeintlich leichteren Seillänge. Fiel mir schwerer als die erste ;-) Ist aber auch nur ganz kurz. Und rein in die Verschneidung. Herzstück der Tour. Die Verschneidungslänge. Das X wohl besser nicht berühren... Jaaa, Quergang an Henkeln. Kann ich! Freude! Ist eh nimmer weit! Die letzten paar Meter Summerfeeling im Zillertal! Gut, dass wir im Schatten geklettert sind! Es war echt warm. Von unten ist die Verschneidung nur schwer zu erkennen, wenn man nicht genau weiß, wo sie ist. Die Verschneidung von unten gesehen. Kletterer in der benachbarten (Trad)tour "Kreatour".

Folge dem Kuchen (Trainer-Ausbildung beim DAV)

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Über die Jahre lernt man beim Klettern viel, eignet sich aber auch vieles an, das womöglich gar nicht wirklich richtig ist. Aber woher soll man es wissen? Wer korrigiert einen schon, wenn man den Stand unnötig kompliziert aufgebaut hat? Und wer verrät einem die kleinen Kniffe, um effizienter, sicherer oder simpler unterwegs zu sein? Die Ausbildung zum Trainer B Alpinklettern beinhaltet all das, denn am Ende soll man sein Wissen in Kursen weitergeben. Perfekt!

Sonnenuntergang an der BlaueishütteAlles rund um’s Klettern noch einmal von Grund auf erklärt zu bekommen, das wär’s. Wo in der Cassin womöglich eher mehr Glück als Verstand dabei war, wollte ich nun endlich wissen, wie man Standplätze richtig baut, wie man noch schneller werden kann und wie das mit dem Führen von Anfängern so geht. Dieses Wissen dann verständlich weiterzugeben reizt mich. Und so bewarb ich mich einfach mal bei meiner DAV Sektion für die Ausbildung zum »Fachübungsleiter«, bzw. »Trainer B Alpinklettern«.

Noch während des persönlichen Gesprächs kam direkt die Zusage. Erster Gedanke: „Woah, das ist ja cool!„. Zweiter Gedanke: „Oh shit, dann muss ich ja jetzt wirklich…!?„. Aber gut, wenn die bei der Sektion meinen, dass ich das kann… Dann kann ich das! Punkt! Aus! Los geht’s!

Nationalpark Berchteswas?

Der richtige Umgang mit dem HMS. Vorstieg, Nachstieg, Körpersicherung, Ablassen... Nach der Woche ist das definitiv gelernt.Der erste von drei Ausbildungsblöcken fokussiert sich auf die Grundzüge im Fels (Standplatzbau an mindestens einem guten Fixpunkt, Sichern per HMS, Abseilen/Ablassen etc.) und auf das Vermitteln von Wissen. Vergangene Woche ging es dafür also auf die Blaueishütte im Nationalpark Berchtesgaden, der so dermaßen weg vom ulligundschen Vertikal-Lebensraum liegt, dass ich keine Idee hatte, was mich erwarten würde.

Wem ich aber auch vom Ausbildungsort erzählte, der schwärmte unvermittelt von dem großartigen Kuchen. Scheint ein akzeptabler Ort zu sein! Zeit für einen eigenen Test.

Hier kann man’s aushalten

Aufstieg im Nieselregen zur BlaueishütteGemeinsam mit zwei sympathischen Münchnern ging’s per DAV-öko-gerechter Fahrgemeinschaft nach Ramsau und in 1,5 Stunden im Nieselregen zur Hütte. Coole Truppe, sympathische Bergführer, sogar vier Mädels (von zwölf), genug zu Essen. Check, Ulligunde überlebensfähig.

Die größere Begrüßung fiel dem EM-Deutschlandspiel zum Opfer, aber dank einiger fußball-un-begeisterter Kollegen wurde es gleich mal ein netter Abend.

Theorie, Praxis, Tour

VV3B1494Während sich am Montag die letzten Regenwolken entleerten, vermittelten uns die Bergführer Hans und Korbi vormittags Theorie, nachmittags im benachbarten Klettergarten Standplatzbau in sämtlichen Facetten. Zur Erholung zwischendurch wurde natürlich der Kuchen erstmal getestet. Käsekuchen, oder genaugenommen Sahne mit Käsekuchen. Hm! Guuuut!

Lehrübungen und persönliches Können

Lehrübung im Sonnenuntergang vorbereiten, durchspielen und üben.Der Abend war gefüllt mit der Vorbereitung unserer ersten Lehrübungen, der ganze folgende Vormittag mit Präsentation eben dieser. Es machte Spaß, anderen dabei zuzusehen, wie sie HMS-Sichern, Ablassen ohne Tube, Prusiken, Schleifknoten und das Legen von Keilen vermittelten, Feedback zu geben und auch selbst einmal zu „lehren“.

Nachmittags ging’s ins gemütliche Vierer-Gelände, wo die Bergführer seilfrei um uns herumhuschten und schauten, ob wir auch gut aufgepasst hatten. Danach? Erstmal Kuchen. Marmorkuchen. Auch lecker!

Schärtenspitze Westgrat

Am Westgrat der SchärtenspitzeDas gute Wetter am Mittwoch wurde gleich für die nächste Tour genutzt. Standardmäßig müsste man sich für diesen Kurs im Vierergelände gut bewegen können, es fanden sich aber prompt sechs Leute, die sich gerne einer „schweren“ Tour stellten: Der Westgrat der Schärtzenspitze (5+) hat zwar weniger etwas mit Grat, aber durchaus mit netter Kletterei zu tun. Die Bewertung „E6“ ignorierte ich sicherheitshalber mal, letztendlich war die Sache aber auch wirklich nicht so wild. An allen wichtigen Punkten Ohooooben. Schärtenspitze Westgrat.gab’s Borhaken oder alternativ Plätze für Keile und Friends.

Mit René bildete ich die erste Seilschaft und machte mich auf die Suche nach den Ständen. Ein grauer Haken in grauem Fels, teilweise nicht ganz so leicht zu finden. Mehrmals suchten und suchten wir und standen intuitiv direkt davor. Klassiker.

Zur Mittagszeit saßen wir bereits wieder fröhlich an der Hütte und – natürlich – probierten uns weiter durch die Kuchentheke. Käse-Kirsch-Kuchen. Und natürlich Sahne. Fett!

Schöne Aussicht von der Blaueishütte.Mimimi!

Donnerstag wurde es dann ernst: Die Lehrproben standen an. Den Kollegen vermittelte ich die Abseilsicherung mittels Prusik, Bergführer Hans war’s zu wenig ausführlich und so ging ich „nur“ mit Note 2 raus. Im ersten Moment ärgerlich für’s Lehrerkind, im zweiten Moment aber ja völlig egal. Hauptsache bestanden.

Und schon wieder rum

Seil einpacken, runter, rüber und ab in die nächste Tour.Noch mehr Theorie zu Recht, Führeralltag und „Prävention sexualisierter Gewalt“ folgte (und Praxistest von Kuchen Nummer 4, Himbeer-Käsekuchen. Highlight bisher!), bevor am Freitag noch eine weitere Tour anstand: Zwei Mehrseillängen im vierten Grad in möglichst kurzer Zeit. Die Bergführer machten Stress, wodurch wir nach fünf Stunden und 15 Seillängen schon wieder beim Kuchen saßen. Mohn. Mit Sahne. Noch ein paar Tage und wir hätten den Abstieg runterrollen können!

Kurz mal die Ruhe genießen.Stattdessen gab’s Abschlussfeedback, Noten und Hinweise zum nächsten Ausbildungsblock.  Damit das mit dem Runterrollen aber doch noch klappt, wurde die ein oder andere bestandene Prüfung mit Schnaps begossen. Marille, kommt auf der Blaueishütte übrigens nah an den Himbeer-Kuchen dran.

Ab ins Ötztal!

Mit der Zulassung aus diesem Kurs geht es dann Anfang August für neun Tage auf die Vernagthütte im Ötztal, wo es vorwiegend um’s „Führen“ und um Gletscherkunde gehen wird. Ich bin gespannt! Und freue mich jetzt erstmal wieder darauf, das Defizit an steilem Fels im aktuellen Routenprojekt wieder auszugleichen.

Kursalltag.Zur Ausbildung:

Die Ausbildung ist in drei Blöcke gegliedert. Die ersten zwei („Fels“ und „Eis“) führen zum „Trainer C Bergsteigen“, mit dem man klassische Bergtouren bis in den dritten Grad führen darf. Wer dann noch einen weiteren Block draufsetzt, kann sich spezialisieren und den „Trainer B“ erlangen – in dem Fall entweder Hochtouren oder Alpinklettern. Im ersten Block („Fels“) geht es vorwiegend um Grundzüge beim Sichern im Fels und um das Vermitteln von Inhalten. Auf wenig anspruchsvollen Touren wird das persönliche Können geprüft, bei dem jeder, der in Richtung Alpinklettern oder Hochtouren weitermachen möchte, diesen Bereich mit „sehr gut“ bestehen muss. Im zweiten Teil geht es dann um die Leitung von Gruppen und das Verhalten im Eis, im Klettersteig und am Gletscher. Eine Theorieprüfung muss dort dann auch noch bestanden werden.

Tolle Stimmung auf der Blaueishütte. Blick in Richtung Blaueisspitze und Hochkalter. Halbzeit. Seil zusammenpacken, runter, rüber und ab in die zweite Tour. Sonnenuntergang über der Blaueishütte. Gemütlich! Lehrübung vorbereiten... Orientierung steht natürlich auch auf dem Lehrplan. Erste kleine Probetour... Dreiergelände, damit die Bergführer mal sehen, ob wir auch aufgepasst haben. Geröllgekrabbel Logic Line an der Schärtenspitze. Aufstellen zum Morgenappell. Ohooooben. Schärtenspitze Westgrat. Vor der wirklich schönen Schlüssellänge der Schärtenspitze Westgrat-Tour.

 

 

Sturz ins Leere (Comici, Große Zinne)

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Ich war erschöpft, sputete mich aber, rasch diese letzte Seillänge zu schaffen. Und dann ging alles ganz schnell. Ich realisierte sofort, dass mir ein Griff ausgebrochen war. Hörte mich laut schreien. Der zweite Schrei galt dem freien Fall über das ausladende Dach. Das dünne rote Halbseil spannte sich. Sein Stand hielt. Mein Knoten auch. Der dritte Schrei entfuhr mir, als ich langsam auspendelte. Ich sah das Dach von unten und wusste ohne hinzuschauen, dass unter mir 500 Meter Luft waren. Scheiße.

Große TürmeZeitsprung. Endlich ein gemeinsames Wochenende mit gutem Wetter! Ultimativ lange Tage, keine Gewittergefahr, nur noch wenig Schnee. Natürlich wollten wir das nützen. Marmolada? Chamonix? Zinnen? Wir einigten uns auf die Comici, „die“ Tour an der Großen Zinne. Vom reinen Schwierigkeitsgrad etwas leichter als die Cassin, im Gesamtbild aber anspruchsvoller, weil anhaltender. Auf die Frage, ob er den Abstieg vom Gipfel denn kenne, hatte er nur gelacht. „Den Weg kenne ich besser als den in unser Bett“. Ein Luxus, mit so jemandem klettern zu dürfen.

Bitte einreihen!

Der Quergang. Einzelstellentechnisch ist das der schwerste Punkt der Tour.Samstag und stabiles Wetter bedeutet aber nicht nur Gutes, denn die Comici gehört zur beliebtesten Tour an den Zinnen. Unsere Taktik, einfach deutlich später als alle anderen einzusteigen, stellte sich relativ schnell als mittelmäßig raus. Bereits im Zustieg kamen uns zwei Seilschaften entgegen, während wir uns fertig machen, seilte eine weitere ab. „Too many people!“. Wir probierten es trotzdem mal und liefen prompt auf zwei italienische Seilschaften auf. Aber wir hatten Zeit und trödeln einfach ausgiebig an den teils gemütlichen Ständen herum. Hier mal ein Foto, da ein Müsliriegel, dort eine Schokolade und noch ein Foto von der herrlichen Aussicht.

Wilde Gunde!

Mal wieder warten. Immerhin mit Aussicht.Zwischen den Ständen warteten absolut großartige Klettermeter. Während immer wieder ein rostiger, sehr rostiger oder bereits abgebrochener Haken auftauchte, ergänzte ich die Sicherungen fröhlich mit bunten Friends und freute mich jedes Mal wie Püppi persönlich, wenn ich wieder ein paar Meter über der letzten Sicherung stand und es mir einfach nichts ausmachte. Guck mal, Michi, guck mal wie ich hier einfach rumkletter! Guck maaaal!

Im unteren Teil der Comici, Große Zinne. © Michi Dürr

VI=V=VI=VII

Fast schon hätte ich geglaubt, der Tour richtig gut gewachsen zu sein. Und dann kam doch noch der Hammer. Irgendwo zwischen Seillänge 5 und 9 (so genau weiß man das ja bei den unterschiedlichen Topos nicht) wurde es plötzlich sauschwer und ich testete mal kurz die Haltekraft der Haken. Hielt! Schön. Kurz verschnaufen und weiter. Selbst A0 waren diese Stelle rein subjektiv schwerer als VI, wie in den Topos immer angegeben. Naja, wir sind in den Dolomiten, da kann „VI“ alles zwischen V und VII bedeuten.

Ende von schwer, Beginn von schwer

Mangels Placements ungesichertes Herumgeeier irgendwo mitten in der Wand. Auf dem Weg hatten wir jedenfalls scheinbar einige Seillängen „verloren“, denn plötzlich standen wir am Italienerbiwak, das den Abschluss der Hauptschwierigkeiten bedeutete. Nicht gleichzusetzen mit „ab hier wirds leicht“. Eher mit „jetzt hören die Haken auf“ und „jetzt wirds nass“.

Trotzdem wollten wir die nächsten Seillängen am laufenden Seil gehen. Der Seilzug wurde immer größer, die Haken immer weniger, Placements gabs kaum und irgendwann krabbelte ich III-Gelände ohne Sicherung herum, zerrte am Seil und beklopfte jeden Stein nach seiner Festigkeit.

Ihn hatte ein Griffausbruch nicht allzu weit von hier vor einigen Jahren ins Krankenhaus gebracht, ich war sensibilisiert für das Problem. Keine Option für die jetzige Situation. Ich fand einen Riss, stopfte ihn mit Friends voll und lachte, als er nachkam und mich auf die Normalhaken nur wenige Meter neben mir hinwies. Exakt genau die gleiche Situation hatten wir in der Cassin auch. Ich bin einfach ein blindes Huhn.

Ohne Wasser keine Zinne

Wasser darf in den klassischen Nordwandtouren der Zinnen nicht fehlen. Also: Ab durch die Dusche.Wir hängten uns wieder an die lahmen Italiener ran und fanden uns bald vor der letzten großen Verschneidung. Angeblich zwei Seillängen, er machte eine daraus und kletterte gekonnt durch den triefend nassen Schmodder direkt in ein Loch mit fest installiertem Wasserfall.

Seile und Klamotten waren schnell durchfeuchtet und während die Italiener so ungefähr 400 Stunden für den anschließenden Quergang brauchten, dachte ich noch darüber nach, dass ein Sturz dort mächtig mies wäre. Man würde über ein riesiges Dach purzeln, völlig frei hängen und müsste dann dort irgendwie wieder hochprusiken. Etwas, das man definitiv nach hunderten Klettermetern vermeiden möchte. Naja, wird schon gut gehen.

Endspurt im Abendlicht

Er ging vor und wählte eine Variante, um die Italiener zu überholen, das Seil reichte nicht ganz und so kletterte er wieder ein paar Meter ab. Mehr hatte ich nicht mitbekommen, er wird hoffentlich einen einigermaßen gescheiten Stand gebaut haben. Ich hinterher. Müde, erschöpft und mit großer Motivation, jetzt schnell die letzten Seillängen hinter uns zu bringen. Ich gab Gas und versuchte, eine gute Mischung aus Fels-Prüfen und Tempo zu finden. Wir waren bereits acht Stunden in der Wand, die Westliche Zinne neben uns leuchtete bereits im ersten Abendlicht.

Sturz ins Leere

Und dann folgte der Fall. Ich hörte mich schreien, überlegte, dass ich mich noch nie so schreien habe hören. Wollte nicht über das Dach ins Freie fallen, fiel übers Dach ins Freie, sah es von unten, wollte es nicht aus dieser Perspektive sehen. Ich sparte mir den Blick nach unten, schaute, ob das Seil über die Kante blöd verlief. Sein Stand! Hatte er einen guten Stand? Er hielt. Er hielt!! Mein Knoten hielt auch, das Seil auch.

Immer noch schrie jemand

Ich pendelte, sah das modrige Gestein am Rand des Dachs. Pendelte lange und immer noch schrie jemand. Ah, ich! Als das Pendeln nachließ, entfuhr mir noch ein letzter Schrei, einfach weil ich dieses verdammte Dach nicht von unten sehen wollte. Scheiße. Scheiße. SCHEISSE. Ich hörte ihn rufen, ob alles in Ordnung sei, die Italiener riefen ebenfalls was auf italienisch. Ein Sturz in der nachfolgenden Seilschaft wünscht sich ja auch niemand. Ich sammelte mich, knotete den Prusik rein. Zwei Windungen bei einfachem Seil zu wenig, war ja klar. Prusik verlängern, Nochmal rum. Und jetzt? Scheiß Dach, ich will dich nicht von unten sehen! Immerhin hielt es einige riesige Griffe am unteren Rand parat.

Erstbegehung Dachboulder, Große Zinne

Klimmzug, Hochziehen, Hooken, über die Kante schieben. Wenn mir jetzt nochmal was ausbricht… Irgendwann standen zwei Füße von mir wieder oberhalb der Kante, irgendwann erreichte ich wieder den Haken und damit die ursprüngliche Kletterlinie. Ruhig bleiben, erstmal hochklettern, Panik hilft jetzt auch nichts. 40 Meter weiter erreichte ich seinen Stand, nochmal zehn später endlich, endlich das Ringband.

Gegruselt

Endlich am Ringband... © Michi DürrEr päppelte mich mit lieben Worten wieder auf, sicherte mich sogar das Ringband mit kurzem Kriech-Abschnitt, weil ich einfach furchtbar wacklig auf den Füßen war und ließ mir etwas Verschnaufpause auf einem wunderschönen Podest mit Blick auf die Westliche Zinne. Ich verputzte den letzten Müsliriegel, trank die letzten Tropfen Wasser und war wieder einigermaßen da.

Der kennt mich

Und wieder die gleiche Frage wie vor einem Jahr: Willst du noch zum Gipfel? Wieder das Teufelchen auf der Schulter, das jetzt einfach nur noch heimwollte, an die untergehende Sonne und den womöglich langwierigen Abstieg erinnerte. Das Engelchen auf der anderen Seite hielt dagegen, dass wir doch jetzt soo nah wären. Als ich gerade schon vor Erschöpfung verneinen wollte, grinste er mich an. „Du willst noch zum Gipfel“.

Gipfel. GIPFEL! GIIIPFEEEEHEEEEL!!!!!!! © Michi Dürr

Weinend am Gipfel

Er sicherte mich die abgeschmierte III-Stelle hoch, huschte während des Aufstiegs um mich rum, sondierte den Weg und redete mir gut zu. Ich krabbelte in Gedanken versunken über den glatt polierten Stein, prüfte jeden verdammten Griff tausendmal und sah ganz plötzlich das Gipfelkreuz im Abendlicht leuchten, dahinter die Westliche Zinne, drumrum ein unbeschreibliches Panorama. Und direkt vor mir: Er. Mir kamen die Tränen, ich weinte vor Glück, vor nachlassender Anspannung, vor Dankbarkeit. Ohne ihn wäre ich nicht hier.

Unbeschreibliches braucht womöglich keine Worte

Im Sonnenuntergang auf dem Gipfel der Großen Zinne. Ulligunde völlig sprachlos.Noch nie hatte ich so eine intensive Tour. So anstrengend, so fordernd, so schwer, so abwechslungsreich an Gefühlen – anfangs turbo-zuversichtlich und mutig, in der Mitte kurz frustriert ob der Schwierigkeiten, dann ungesichert im Dreier-Gelände, durchnässt im Wasserfall-Kamin, der Sturz ins Leere, die Ankunft am Ringband… Die Unschlüssigkeit, ob sich der Gipfel noch ausgehen würde… Und dann dieser Ausblick samt Kreuz. Sprachlos. Auch jetzt beim Tippen noch.

Im Galopp zum Auto

Unten leuchtet schon die Auronzo-Hütte, ganz in der Nähe wartet unser Auto.Während die Sonne vollends unterging, löste Michi sein Versprechen ein und lotste uns in kürzester Zeit den Berg hinab. Mehrmals abseilen, auf Schotter absolut zielsicher queren, wieder abseilen, durch die Rinne an den Fuß des Bergs und auf Geheimwegen ohne einen einzigen Meter an Höhenverlust direkt zum Parkplatz. Gerade als es vollends dunkel wurde, erreichten wir das Auto. Und mich ein traumloser, tiefer Schlaf.

Zustieg im herrlichen Wetter. Direkt nach dem Quergang in der zweiten/dritten Seillänge. Kollegen in der Hasse Brandler. Grinsen geht noch ganz famos! © Michi Dürr Mutigunde. © Michi Dürr Wohin!? © Michi Dürr Tiefblick, Weitblick, Seitblick... Ganz klarer Vorteil von langen Klettereien. Grinsen geht immer noch ganz ok. © Michi Dürr Mal wieder bisschen warten. Immerhin sinds gemütliche Standplätze. Lieblingsmüsliriegel ist natürlich auch dabei. Guckuuuuuck! Ab sofort riesiger Fan der Standplatzkrake! © Michi Dürr Je mehr Haken, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass einer hält. © Michi Dürr Die "Sekundärverschneidung", in unserem Fall bis auf die letzten Meter sogar nicht mal richtig nass! Warten bis die anderen endlich weiter oben sind... Solange: Aussicht genießen. Nach genügend Klettermetern werden auch Vierer-Verschneidungen anstrengend. © Michi Dürr Wauuuuuuuuu!!!! OOOBEEEEN!!!! Ringband entlang eiern... © Michi Dürr Erschöpft, gegruselt, stolz, unendlich glücklich. © Michi Dürr Na wenn diese Sicherung die Ausilder von letzter Woche sehen...  © Michi Dürr Erstmal kurz Verschnaufen. Abendlicht vom Ringband gesehen. Ich glaub du willst noch zum Gipfel! Er kennt mich. G I P F E L !! © Michi Dürr Schnief heul schief. Ein intensiver Moment. Wenn all die Anspannung abfällt. © Michi Dürr Blick auf die Westliche Zinne, von der wir vor genau 11 Monaten hier herüber geschaut haben. Westliche Zinne von der Großen Zinne aus gesehen. Tiefblick. Gefühlt etwa eine Stunde später: High Five am Auto. Die Milchstraße leuchtet für uns. Der nächste Morgen. Wir haben keine Eile. Ich sichere ihn noch ein paar Mal in seinem Projekt, danach fahren wir gemütlich heim. Ein großartiges Wochenende.

 

Gehrenspitze Westgrat

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Ein Vierer-Grat hier im Allgäu, das war früher genau mein Ding. Gerade so schwer, dass ich es wahrscheinlich gut schaffen müsste, schöne Aussicht immer garantiert. Und auch wenn heute Vierer-Längen eher jene zum Zeit-Gutmachen sind, heißt das nicht, dass diese Touren nicht schön wären. Es sind nur nicht mehr die tagesfüllenden Abenteuer, sondern eben eher die abwechslungsreichen Feierabendtouren. Möchte man zumindest meinen…!

Die ersten paar Seillängen am Grat.Schon wieder fanden wir uns in weglosem Gelände. Wir wollten uns die erste Seillänge sparen, Einser-Gelände, »das machen wir doch ohne Seil!«. Schon kam mir der erste Griff entgegen und bröselte fröhlich hinab in den tiefen Abgrund unter uns. Bereits im Zustieg hatten wir Dank unseres blinden Vertrauens in Outdooractive querfeldein zusteigen müssen, denn der verzeichnete Weg war nicht vorhanden. Nun zogen wir auf einem exponierten Vorsprung unsere Gurte an, statteten uns mit Friends und Keilen aus und aßen einen letzten Müsliriegel bevor die Schwierigkeiten beginnen würden.

Die erste Seillänge würde keine Haken haben, die Wegfindung könnte problematisch werden. Noch dazu hatten wir für den Zustieg wegen unseres naiven Vertrauens in das Kartenmaterial länger als geplant gebraucht. Bis die Sonne untergehen würde, hatten wir nun nur noch etwa drei Stunden. Im Führer war für den gesamten Grat 3,5 Stunden angegeben – und dann nochmal eine Stunde zum Gipfel. Wir mussten Gas geben, wenn wir nicht im Dunkeln unseren Weg suchen wollten. Anspannung machte sich breit. Schaffen wir das?

Falscher Film?

Keine Sorge, die Tour war tatsächlich eine ganz famose Feierabendtour, innerhalb von zwei Stunden waren wir durch. Während ich allerdings die Einleitung tippte wurde mir klar, dass diese Art von Tour früher wirklich ein Abenteuer gewesen wäre. Heute ist es für uns eine recht gemütliche Feierabendtour. Das gibt mir in zweierlei Hinsicht zu denken:

Der Respekt vor der Tour

Gehrenspitze WestgratWir dürfen auch bei vermeintlich leichten Touren nicht vergessen, dass wir uns in exponiertem Gelände befinden. Wir sollten uns auch für solche Touren eine gewisse Portion Respekt behalten, allzu leichtfertig dürfen wir damit nicht umgehen, denn auch – oder gerade – in solchen Touren passieren Unfälle. Und ein aufziehendes Gewitter macht keinen Unterschied, ob wir mit Bammel oder Arglosigkeit in die Tour eingestiegen sind.

Touren sind für jeden anders

Gehrenspitze-Westgrat © Filip BrockeAndererseits zeigt es mir aber auch die Vielseitigkeit, wie Menschen Touren unterschiedlich wahrnehmen. Ich hätte früher den Westgrat der Gehrenspitze sicher als spannendes Abenteuer wahrgenommen und auch als solches beschrieben. Heute ist es eine Tour, der wir in diesem Fall ganz easy gewachsen waren. Über die ich nicht mal mehr einen ausführlichen Tourenbericht schreibe. Arrogantigunde.

Für andere hingegen ist die Comici an der Großen Zinne eine Tour, der sie völlig gewachsen sind – ich kann darüber seitenweise einen Abenteuerroman schreiben.

Ist das albern!?

Schon auch schön hier! © Filip BrockeABER: Andererseits könnte ich über den Westgrat der Gehrenspitze ebenfalls so einen Roman schreiben, die Gegebenheiten (Gurt im starken Wind anlegen, ganze Seillängen zum Selbstabsichern, ein exponierter, anspruchsvoller Reitergrat, ein brüchiges Finale, Zeitdruck) waren durchaus vorhanden. Ich käme mir dabei aber albern vor, genauso wie ein routinierter Kletterer sich bei so einer Beschreibung der Comici womöglich albern vorkäme. Vielleicht auch ein Grund, weshalb so viele Bergblogs so neutral geschrieben sind.

Warum komme ich mir dann aber nicht albern vor, wenn ICH über die Comici schreibe? Und müsste ich mich mit der Logik nicht im Nachhinein für viele Tourenbeschreibungen »schämen«?! Tue ich nicht, habe ich auch noch nie darüber nachgedacht, aber das wäre doch die Konsequenz!? Oder »müsste« ich konsequenterweise über jede unternommene Tour im Abenteuerstil berichten?! Verwirrend 😉

Respekt vor anderen

Gipfelblick von der Gehrenspitze.Fest steht jedoch: Ich zögere häufig mit dem Ausdruck „leichte Tour“ – für viele ist es degradierend, wenn jemand über eine Tour sagt, dass sie „leicht“ ist, obwohl man selbst womöglich hart darin kämpfen musste. Klar, das ist das Schöne an der Kletterei. Jeder hat sein Level, jeder beißt und kämpft – ganz unabhängig davon, ob da nun eine 5 oder eine 9 als Schwierigkeit angegeben ist. Wir müssen uns nur den Respekt bewahren – den Respekt gegenüber einer vermeintlich „einfachen“ Tour und den Respekt gegenüber anderen, die vielleicht noch nicht so stark klettern. Wir haben alle klein angefangen und im Vergleich zu vielen anderen sind auch wir ganz klein!

Leicht ist nicht gleich langweilig

Und ganz sicher bedeutet ja eine Tour, der man durchwegs gut gewachsen war, nicht automatisch, dass sie langweilig war. Es war womöglich nicht hart abenteuerlich, es war vielleicht einfach nur schön. Und solange man Freude hat und mit netten Menschen unterwegs war, spielt der Schwierigkeitsgrad erfreulicherweise ja sowieso keine Rolle. Auch etwas, das man nicht vergessen sollte. In diesem Sinne: Geht raus und genießt »einfach« mal.

Herrlicher Zustieg. Schönes Tannheimer Tal! Der erste Blick auf die Gehrenspitze. Zuerst wollen aber mal einige Höhenmeter ab- und direkt wieder aufgestiegen wären. Pffff...! Ja so scheee doooo! Blick auf den weiteren Gratverlauf. Erstmal bisserl wandern, bevor dann irgendwann nochmal Fels kommt. Zweite "Schlüssellänge"  - richtig schön und dank zwei Borhaken  gut machbar. © Filip Brocke Schaut fast anspruchsvoll aus, ha! © Filip Brocke Kurz vor dem Reitergrat. Gleich hammer' die Tour! Jubiduuu.... © Filip Brocke Der Reitergrat aus der anderen Perspektive - und womöglich mit einem ganz minimal anderen Bildlook ;-) Reitergrat. Gehrenspitze Westgipfel. Schicke Aussicht! © Filip Brocke Ab der Scharte braucht's kein Seil mehr, der restliche Weg zum Gipfel verläuft auf dem Normalweg.  © Filip Brocke Leben feiern.  © Filip Brocke Blick auf die Köllenspitze. Gipfelaussicht. Happyhippo! Der letzte Chimpanzee-Energieriegel, den ich noch hab.... Abstieg im Sonnenuntergang. Abstieg. Abstieg im Sonnenuntergang.

Platten hoch, Platten runter: Grundschartner Nordkante

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Es gibt diese Touren, die ganz, ganz oben auf der Wunschliste stehen. Sie stellen alles andere in den Schatten und geben erst Ruhe, wenn man sie unternommen hat. Letztes Jahr war es die Wilde Leck mit ihrem Trümmerabstieg, dieses Jahr irgendwie der Grundschartner.

Grundschartner Nordkante. © Michi DürrDie Nordkante dieses Zillertal-Gipfels wird meist in einem Atemzug mit »Badile Nordkante« und »Fußstein Nordkante« genannt. Und die summieren wiederum unter dem Synonym »beste Granitkletterei der Ostalpen«. Der Grundschartner ist dabei aber speziell wegen seiner Länge (600 Klettermeter, kein einziger Borhaken, bis V+ oder VI+, je nach Führer) durchaus nicht ganz trivial, weshalb ich auch ziemlich Respekt vor der Tour hatte. Aber die Kombination aus langer Tour, Kletterei mit Seil und einem schönen Gipfel verspricht erfahrungsgemäß einen tollen Tag draußen in den Bergen. Ulli-dahochwill-gunde!

Der Gutschein

Jaja, dieser Gutschein… Das Damoklesschwert! Mein Partner hatte mir zu meinem Geburtstag einen Gutschein geschenkt: »Eine Tour deiner Wahl.« DEINER war dabei doppelt unterstrichen, denn während ich sehr gerne mittelschwere Kletterei an aussichtsreichen Graten mit Gipfel genieße, zieht er steile, schwere Touren mit wenig bis (gefühlt) gar keiner Absicherung vor und fällt schon allein bei dem Wort „Grat“ in einen ernstzunehmenden Schockzustand. Grundschartner Nord und Mayerlrampe vs. Grand Jorasses und Super Errectissima. Durchaus gewisses Kollisionspotenzial. Als sich diesen Sommer dann aber doch tatsächlich noch ein echtes Gut-Wetterfenster abzeichnete, wurde kurzerhand der Gutschein endlich eingelöst und wir fanden uns mitten unter der Woche mal wieder im schönen Zillertal.

Es wird wahr!

Sternenhimmel über dem ZillertalSchön war auch der Sternenhimmel, der nachts um vier über uns funkelte, während wir bei warmen Temperaturen das Frühstück verputzten. Endlich Sommer. Ende August ja dann auch irgendwann mal Zeit. Im Schein der Stirnlampen ging es steil durch frische Kuhfladen zur Bodenalm, die wir mit dem ersten Tageslicht erreichten. Erster Blick auf die Kante: Irgendwie fast schon unspektakulär, zu oft hat man dieses Bild in all den Tourenberichten gesehen. Weiter im Bachbett bis zum Talende. Rechte Rinne kurz hoch, dann links raus und über Gras bis auf 2.500 Höhenmeter. Wir also: Rinne kurz hoch, dann rechts raus. Rechts? Ups. Aber steiles Gekletter in Schmodder und durch garstigen Grünerlengürtel hat ja auch was. Kommt man schon auf Betriebstemperatur! Irgendwann doch auf freier Wiese, bis auf 2.500 hm aufgestiegen und bis zur Kante rüberqueren. Gut, das war einfach. 1500 Höhenmeter, drei Stunden bis hier her.

Der erste Blick auf den Grundschartner mit seinen markanten drei Rippen. Es wird ganz langsam hell. Durch die Rinne in der Bildmitte geht's hoch. Der Berg glüht. Grundschartner im Sonnenaufgang Wenn ihr das seht, seid ihr falsch ;-) _DSC3386

 

An der Kante

Die ersten Meter am Grat.Zwei andere Seilschaften hatten den Wanderweg gewählt. Der war zwar etwas weiter, aber wahrscheinlich auch nicht anstrengender. Nicht ganz blöd. Blöd hingegen, dass wir alle punktgenau gleichzeitig am Einstieg waren. So ein langer Zustieg, mitten unter der Woche, kein Mensch sonst… und dann das?! Tz! Wir ließen den anderen Seilschaften den Vortritt und legten ein gemütliches Frühstück im ersten Sonnenschein ein. Die Hoffnung, dass sich alle Teams schön aufreihen würden, platzte leider. Schon nach unseren ersten Klettermetern am Seil wurde klar, dass sich bereits an der ersten Schlüsselstelle alles knäulte.

Parallel in der Schlüsselstelle am Grundschartner.Die nachrückende, vierte Seilschaft mit dreifach gestreiftem Bergführer hatte ähnlich wie wir wenig Absicht, sich von sowas groß ausbremsen zu lassen und so begann ein eher unentspanntes Wettrennen um die besten Plätze. Oder halt irgendwelche Plätze! Zwar bietet die Kante Spielraum für Varianten, aber drei Seilschaften parallel, das ist so mittelcool, speziell in der Schlüssellänge. Michi fand das auch und legte in dem Moment, als er am laufenden Seil die Führung übernahm, einfach mal einen Zacken zu. Hieß für mich: Schluss aus vorbei mit Koalamodus, jetzt wirds sportlich.


Welche Ausrüstung ich bei solchen Touren derzeit dabei habe:
(Die ganze Übersicht gibt’s hier)



Highspeed-Krabbelmodus

Krabbeltier beim Seilreibung erstellen. © Michi DürrWahrlich außer Atem folgte ich dem Meister am laufenden Seil, sammelte hin und wieder eine der vereinzelten Zwischensicherungen und Seilklemmen ein. Vorbei an dem einen Stand, vorbei am nächsten. Großartige Kletterei! Nie allzu schwer, aber auch nicht ganz easy. Mit Bergschuhen hätte ich auf einigen der Platten jedenfalls wenig Spaß. Mit Kletterschuhen dafür umso mehr. Zum Gucken blieb allerdings keine Zeit.

Anhalten und Einreihen war inzwischen keine Option Die letzten Seillängen sicherten wir.mehr, denn hinter Adidas-Bergführer folgten schon die nächsten Seilschaften. Alter Schwede, das »so oft wird die Kante gar nicht gemacht« im Tourenbericht der Wuiden Buam stimmt heutzutage wohl nicht mehr! Inzwischen waren wir sechs Seilschaften am Berg, »vergleichsweise noch wenig« laut Streifenmann. Der überließ mir direkt an der Schlüsselstelle dann völlig unerwartet den Vortritt. Ich war ganz perplex, hatte so ein Verhalten bei einem Bergführern irgendwie nicht erwartet. Mädelsvorteil!? Ich bedankte mich tausendmal, huschte vorbei und zog bald auch endlich vor Seilschaft Nummer zwei. Nummer eins war flink und so reihten wir uns endlich ein. Zwei Drittel der Tour waren da aber schon durch, etwas über zwei Stunden waren wir bis jetzt am Klettern.

Im unteren Teil der Gratkante. Tolle Aussichten. Zum Genießen blieb leider keine Zeit. Immer der Sonne entgegen! © Michi Dürr Die Kletterei am Grundschartner ist nie wirklich schwer. © Michi Dürr (Griffige) Platten muss man hier aber schon mögen. © Michi Dürr Die letzten Seillängen sichern wir durch. Zeit haben wir - für den unteren Teil hatten wir nur zwei Stunden gebraucht. Pünktlich zur Mittagszeit sehen wir den Gipfel. Gipfel, Aussicht, Partner. Alles gut!

Wuuuhahahahhaaaaa!!

Wie, schon Gipfel!?Ich übernahm zwischenzeitlich die Führung und musste fast lachen. Er hatte mit den paar Friends bestimmt 200 Klettermeter gemacht, bei mir war der Vorrat nach 80 Metern schon aufgebraucht. Dafür hatte ich mal wieder für ganz famose Seilreibung gesorgt. Zeitlich schenkte sich wohl auch wenig. Hach, ich bin einfach ein Koala. Er übernahm wieder, ich wieder in Highspeed-Krabbelmodus. Noch zwei schwerere Seillängen, dann würde es leichter. Vertieft krabbelte ich entlang von Rissen und Schuppen, der Fels wurde immer loser. Noch eine schwere Seillänge hatten wir vor uns.

Während ich noch grübelte, ob ich die nächste Seillänge wohl noch klettern will oder ob ich nicht einfach ihm die Führung überlassen wolle, krabbelte ich über eine Kante und sah… Das Gipfelkreuz!? Wir hatten wohl irgendwo eine der schweren Seillängen verloren, jedenfalls war Schluss mit Seil, vor uns lag nur noch etwas Geröll und dann der Gipfel! DER GIPFEL!! Grundschartner!!!! Gipfel! Raus aus den Schuhen. Gipfel!! HUNGER!! GRUNDSCHARTNER!! Pipiii!!

Da war ich schon!

Schrammacher, Olperer, Riffler... Alle da.Nach der standesgemäßen ulligundschen Ekstase, wenn a) man überraschend schon oben ist b) man gar nichts mehr Schweres klettern muss und c) man einen gaaaanz großen Punkt der Wunschliste erfüllt hat, flitzten wir noch vollends zum Gipfel und lümmelten ewig in herrlichem Sonnenschein herum. Olperer, Schrammacher, Riffler, da hinten der Großvenediger, da drüben die Zugspitze und da hinten, klar, König Glockner… Eine herrliche Fernsicht, Wahnsinn.

Einfach laufen.

Platten am Grundschartner im AbstiegWir sahen Seilschaft Nummer 1 bereits zielsicher absteigen und folgten Team Adidas in sicherem Abstand. Der Abstieg vom Grundschartner ist weitgehend weglos, ein Ortskundiger ist da ja nicht ganz verkehrt. Über Geröll und viiiiele Gletscherschliffplatten ging es hinab in tiefes Gras und durch einige Bäche, bevor es – tausend Höhenmeter bereits in den Knochen – anschließend wieder steil durch Latschen ging. Stoisch laufen, möglichst die Hitze ignorieren. Weitere Bachquerungen und wieder steil hinab. Jetzt zwar im Schatten, dafür mit Blase an der Ferse. Stoisch. Laufen. Ignorieren. Einfach laufen. Elf Stunden nach unserem Start erreichten wir die Kainzenalm und fanden uns inmitten zahlreicher Boulderer.

Ganz da oben hinten ist der Grundschartner Gipfel.Forststraße.

Talstraße.

Auto.

Chackawacka!! GRUNDSCHARTNER!! Am Auto die brennende Frage: Wars schlimm? »Naja… war schon nett.« Nächstes Mal also doch wieder Zinne 🙂 Egal, Ulligunde happy. Ich meine… Grundschartner! Geil!

Fazit

Happykrabbeltier!Es ist immer toll, sich große Tourenträume zu erfüllen. Die teils unentspannte Situation auf den ersten 400 Metern trübte leider die ganz große Begeisterung, es war eher Stress. Im Nachhinein hätten wir uns womöglich hinten einreihen und einfach chillen sollen – aber dass die anderen Seilschaften doch so flink waren, das war anfangs nicht abzusehen. Außerdem musste ich am Abend zur Zugspitze, denn dort wartete schon am nächsten Tag die Eisenzeit. Nichtsdestotrotz ist der Grundschartner eine sensationelle Unternehmung – lang, abwechslungsreich, nicht ganz leichter Kletterei und mit einem herrlichen Gipfel als Ziel. Insgesamt wäre diese Tour wohl im Frühjahr besser, wenn man im Abstieg noch Schneefelder hat. Trotzdem: Hinfahren. Machen! Eine tolle Tour!

 

Facts:

Zustieg womöglich über den Wanderweg zur Lahnkarhütte besser als weglos durch’s Bachbett. Für die Kletterei lohnt sich ein Satz Friends, wir waren mit 60 Meter Einfachseil unterwegs.

Einen Track zur Tour (inkl. unserem Verhauer) gibt’s hier. Start erst ab Bodenalm, da der Weg bis dorthin ohnehin in den Karten verzeichnet ist und ich Akku sparen wollte.

Das Ding ist ein Pauseklassiker. Dementsprechend viel ist los. Sehr früh oder sehr spät einsteigen, am besten nicht pünktlich zum Sonnenaufgang 😉

 

Die folgende Seilschaft kommt ebenfalls gerade an. Team Adidas entspannt ebenfalls. Und wir erst! :) Aussicht in Richtung Venediger und Co. Kümmerliche Reste des Gletschers... Da geht's runter. Und zwar bis ganz unten. Zunächst Geröll... ...dann Platten... ...wieder bisschen Geröll.... ....nochmal Platten... Gras, Gras, Gras... Wer diese Aussicht hat, der ist richtig. Ab hier folgt ein Jägersteig hinab ins Tal. Ein Blick zurück. Dort oben waren wir!

Im Traumland: Hochalmspitze Südpfeiler

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„An dem Pfeiler oben hättest Du auch gerade aus hochgehen können! Aber na, gut habts ers gmacht!“. Groß und blond steht er in der Küche, die Muskeln spannen das T-Shirt, die schulterlangen Haare hängen im Mittelscheitel ins lachende Gesicht. Nicht allzu oft passiert es, dass sich Hüttenwarte gerade bei so einem Andrang so viel Zeit nehmen, aber Othmar plaudert über die alten Zeiten, die Lawine damals, die alles zerstörte, über den Großvater, der schon die Hütte bewirtete… „Du musst zum Eisklettern herkommen! Keine Lawinengefahr, tolle Linien!“ schwärmt er, während er seine Telefonnummer aufkritzelt. „Mixed, Eis, schwer, leicht… Kommts vorbei!“.

Unverkennbar: Der Südpfeiler zur Hochalmspitze.Nach etwas mehr als einer Stunde kam die Hütte schon in Sicht. Der Zustieg malerisch, eine sensationelle Gegend. Allein schon die Anfahrt durch das schmale Tal war eine Reise in das entlegene Norwegen. Tannen, hohe Wiesen, dazwischen ein wilder Bach… Dann irgendwann die Baumgrenze und kurz danach der erste Blick auf unser Ziel: Die Hochalmspitze. Markant fällt die Linie ins Auge, der Grat, der im Gletscher beginnt und direkt zum Gipfel zieht. So lange stand diese Tour auf meiner Wunschliste. Nachdem vorgestern der Grundschartner-Traum erfüllt wurde, sollte es heute der Südpfeiler werden. Das Wetter war zu perfekt, um diese Chance nicht zu nutzen.

Urige Hütte

Noch ein kurzer Crashkurs im Standplatzbau mit mobilen Sicherungsmitteln.Die Hütte war klein, urig, quirlig. Ein bisschen zu individuell für eine echte DAV-Hütte nach Lehrmeinung. Handgemalte Hinweisschilder, die Betten knarzten, eine Speisekarte? Fehlanzeige. Es gibt, was da ist. Und was da ist, das erklärt der junge Hiwi, wenn er denn mal Zeit hat. Aber alles okey, so groß ist die Hütte nicht, als das man nicht irgendwann was zu essen bekommt. Neben uns einige Slowenen, was die mehrsprachigen Hinweise erklärt. Aber klar, die Grenze ist hier nicht mehr weit weg. Mein östlichster Gipfel wird das morgen, fällt mir auf.

Ganz allein

Zustieg zur Hochalmspitze im ersten Tageslicht.Unser Wecker klingelte um fünf, eine halbe Stunde später starteten wir mit dem ersten Licht. Nach dem großen Andrang am Grundschartner wollten wir auf Nummer sicher gehen, außerdem sollte es heute Nachmittag gewittern. Doppelt falsche Befürchtung, stellte sich im Nachhinein heraus. Aber lieber zu früh als zu spät.

Wir wanderten still über die von Opa Baier liebevoll verlegte Platten, querten Bäche, genossen die ersten Atemzüge dieses neuen Tages. Das Gelände wurde gerölliger, es wurde mühsamer zu gehen. Der Gletscher ist inzwischen sehr weit oben, anseilen lohnt sich schon fast nicht mehr. Wir taten’s trotzdem, denn es lag immer noch Schnee drauf und auf einigen Fotos waren unverkennbar Spalten zu sehen. Vorsichtgunde.

Aufstieg zur Giesener Hütte bei Traumwetter. Gemütlicher Zustieg. Nur noch wenige Meter. Yeah ;-) Da isse!! Hübsch hier! Der Sternenhimmel leuchtete so dermaßen hell, dass ich tatsächlich mit meiner kleinen RX100 von Sony versuchte, die Milchstraße zu erwischen. Und war ehrlich gesagt erstaunt, wie gut das ging. Leider hat die Kamera keinen manuellen Fokus, aber für ein Bild aus der Knipse ist das Teil nicht schlecht geworden! Ein neuer Tag beginnt. Den Weg zu verfehlen dürfte schwer werden. Die Hochalmspitze im ersten Licht. Geröll, Geröll, Geröll. Allzu viel Gletscher ist da nicht mehr übrig. Gletschermoränenshit. Hübsch. Carmen krabbelt noch im Plankeis. Ein Traumtag. Da sammer! Herrliche Aussicht.

Das muss lila sein.

Pause am ersten Standplatz, der wie gemacht für zwei Personen ist.Es wurde hell, es wurde warm. Den ersten Standplatz kletterten wir mit Steigeisen an, machten Pause, genossen. Was für eine herrliche Landschaft. Ich schreibe das oft, meine das auch immer so, aber diese Gegend hier, die ist wirklich traumhaft schön. Die Bergschuhe wanderten in den Rucksack, wir tauschten gegen Friends und Kletterschuhe. Das Ding wird häufig mit Bergschuhen gemacht, eine Sekunde hatte ich auch darüber nachgedacht. Aber schon auf den ersten paar Metern freute ich mich über die Patschen, stand auf Reibung, klemmte die Hand im Riss und versenkte den ersten Friend. Kurzer Blick. Lila, da müsste lila passen. Tat es und ich war etwas stolz auf all das, was ich in diesem Jahr in Cadarese gelernt hatte.

Cruisen

Cruising!Carmen kam nach, hatte ähnlich wie ich erste Anlaufschwierigkeiten, denn auch wenn das Gelände vermeintlich leicht war, zerrte der schwere Rucksack doch nach unten. Dann begannen wir zu cruisen, versenkten viele Friends und kaum Keile und wunderten uns immer wieder, wie schwer einem Vierergelände vorkommen kann. Es war natürlich nicht wirklich schwer, die Henkel waren riesig, aber trotzdem will die ein oder andere Platte gestanden werden und daran muss man sich immer gewöhnen. Noch dazu wollte man in diesem Gelände sicher nicht stürzen.

Carmen in der letzten Seillänge, bevor es leichter wird.Ich musste immer wieder daran denken, dass mir bei meiner DAV-Fortbildung eine Ausbildung zum Bergführer ans Herz gelegt wurde. Bergführer tänzeln hier mit Bergschuhen ganz easy hoch, während uns der ein oder andere Puster entfleuchte. Irgendwie enttäuschend, ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals diese Fähigkeit besitzen werde. Aber andererseits: Wir machen das zum Spaß, man soll sich nicht mit anderen messen. Andere jagen Schwierigkeitsgraden und Onsights hinterher, wir cruisen eben und genießen die Landschaft, das Wetter und die Abwechslung, die so eine alpine Tour bietet. Vergleiche Dich nicht mit anderen, höchstens mit Dir selbst, Frau Ulligunde. Hauptsache es bereitet Freude und Erfüllung.

Happy!

Im leichten Gelände kurz vor dem Gipfel der Hochalmspitze.Und die bereitete es. Die Kletterei war abwechslungsreich. Mal durch eine Verschneidung, mal durch Risse. Die Schlüssellänge war plötzlich mal richtig steil, aber mit dem richtig gefundenen Henkel doch gutmütig. Der Aufsteher in der folgenden Seillänge dafür vergleichbar schwer. Und danach: Orientierungsloses hochgetänzel, immer die Wahl zwischen dem großen und dem ganz großen Henkel. Zur Mittagszeit standen wir am Gipfel, wurden gespannt beäugt, denn weder gab es hier noch andere Alpinkletterer, noch weitere Mädelsseilschaften. Wir waren happy, auch wenn zwischenzeitlich dunkle Wolken über uns waberten.

Carmen cruised sich ein. Borhaken gibts in der Tour keine, weder als Zwischensicherung noch als Standplatz. Brauchts aber auch nicht. Here we go! Carmen cruised durch die Schuppen. Tolle Kletterei, tolle Gegend! Da kann man schon mal griiiinseeeen =) Alles fest hier! Hoppla, Tele vergessen =) Aha, schon besser. Carmen in der letzten schweren Seillänge. Der Detmolder Grat mit seinem Klettersteig. Antik vs. neu. Ob das ein Abseilstand sein soll? Womöglich bei viel Schnee gar nicht so blöd, sich den weiten Umweg-Abstieg zu sparen... Überhaupt würde ich die Tour nur noch im Frühjahr machen, wenn das Geröll mit Schnee bedeckt ist. Ooooh, guuuck maaal! GIPFEL!! So schön. Grinsebärchen am Gipfel.

Stonehopper

Kurz Kraxeln...Sicherheitshalber blieben wir nicht allzu lange, tauschten Kletterpatschen wieder gegen die dicken Bergschuhe und begannen den Abstieg. Zunächst Steinehüpfen, dann leichtes Klettern, wieder Steinehüpfen, dann kurze drahtseilversicherte Stellen. Geröll, endloses, grobes Geröll. Hüpf. Hüpf. Hüpf.

Es zog sich. Der Gletscher reichte schon lange nicht mehr bis zum Joch, ein Klettersteig war eingerichtet, all die Aspiranten, die den Detmolder Grat (ebenfalls ein Klettersteig) gemacht hatten, klinkten sich vorbildlich mit ihren Sets ein. Wir hatten sowas nicht, es war für uns nach all den Metern im Granit auch wirklich nicht nötig (wenn ich sowas mal sag!) und so versuchten wir möglichst ohne zu stören an den Menschen vorbei zu huschen. Gelang nur mittelmäßig, den ein oder anderen Kommentar bekamen wir ab. Aber für 20 Meter Fels eine halbe Stunde zu brauchen, das kam für uns nicht in Frage.

Deshalb machen wir das

Endloses Geröll!Das letzte Stück seilten wir ab, huschen über die verbliebenen paar Meter Gletscher und fanden uns wieder in: Geröll. Yibiaiejo. Über Platten und Geröll, Geröll und Platten oder wahlweise nur Geröll ging es hinab. Hüpf. Hüüüüpf. Gefühlt stundenlang, in echt wohl nicht ganz so lang. Es war anstrengend, es war heiß und einige der Menschen hier machten keinen allzu geländegängigen Eindruck (mehr). Wir schalteten um in den Modus „stoisches Weitergehen“ und gingen einfach nur. Gingen. Gingen.

Langer Abstieg.Und siehe da, irgendwann wechselte das Geröll tatsächlich in Gras, wir dankten bei jeder Platte in dem unteren Geröllfeld dem Opa Baier, der die hier verlegt hatte. Zieleinlauf. Bier. Kuchen. Liegestuhl. Sonnenschein. Schuhe aus! Wegen diesem Moment macht man das doch alles. „An dem Pfeiler oben hättest Du auch gerade aus hochgehen können! Aber na, gut habts ers gmacht!“ grinst uns der Othmar an und schiebt mir seine Nummer zu. „Kommts zum Eisklettern vorbei, das wird Euch taugen!“

 

Facts Hochalmspitze Südpfeiler

Topos zum Südpfeiler und zum ebenso schön aussehenden, benachbarten „Traumfänger“ (6a, gebohrt) gibt’s im Kletterführer Maltatal. Überhaupt ist das Tal definitiv eine Reise wert! Im Tal gibt’s von Sport- über Alpinklettern bis zum Eisklettern alles.
Ich würde die Tour eher im Frühjahr angehen, wenn die Geröllfelder noch schneebedeckt sind.
Ganz oben sind wir irgendwann links in Richtung Gipfelkreuz ausgequert, man kann aber auch einfach direkt am Grat bleiben. Festerer Fels.
Ein Set Friends bis blau (3) oder zumindest gelb (2) sind hilfreich. Keine Borhaken, insgesamt etwa fünf Normalhaken in verschiedenstem Verwitterungszustand. Spalten im Gletscher definitiv vorhanden. Erster Stand easy mit Steigeisen ankletterbar. Alternativ kann zum zweiten Stand von rechts reingequert werden.

 


Welche Ausrüstung ich bei solchen Touren derzeit dabei habe:
(Die ganze Übersicht gibt’s hier)



Auf den Spuren wilder Hunde (Cassin/Preußturm)

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Ich bin ein Profi. Ganz eindeutig. Höchstes Level! Die Sicherungspunkte gelegentlich immer noch so ungeschickt anzubringen, dass die maximale Seilreibung entsteht, muss man nach zwei Jahren Trad-Klettern erstmal schaffen. Und ich schaffe das so gut, dass ich regelmäßig über mich selbst erst staunen und dann lachen muss. Profigunde mal wieder voll im Element!

Eigentlich ist der Preußturm ein gutes Beispiel für den Ausschluss von Minderheiten. Diskriminierung im Bergsport! Denn während immer alle von den „Drei Zinnen“ sprechen, sind es gar nicht drei, sondern fünf. Interessiert bloß keine Socke. Den geneigten Kletterer mit Hang zu solidem, rauen Fels nicht und die Wandersheerschafen sowieso nicht. Wie müssen sich die dicke Punta Frida und der kleine Preußturm vorkommen, wenn sie immer im Schatten der fetten Kompagnons stehen?

Für die Kleinen und Dicken!

Wir wollten da mal ein Zeichen setzen und nahmen uns die Cassin am Preußturm vor. Nach der herrlichen Tour an der Westlichen Zinne vom gleichen Erstbegeher waren Erwartungen und Motivation groß. So groß, dass auch so Sätze wie »Schlüssellänge nicht absicherbar, es steckt kaum und wenn dann sehr schlechtes Material. Ein Sturz führt wohl zum Ausnageln der gesamten Seillänge« mich irgendwie nicht beunruhigten. Denn irgendwo anders stand, dass der große Rest gut absicherbar wäre. Klarer Fall für Team Meister+Gunde.

 

Die wilden Hunde von damals

Große Motivation also. Große Augen auch beim Blick von unten nach oben. Alter. Schwede. Ist das steil. Dass man in den klassischen Dolomiten-Führen besser mal einen Grad drauflegt, ist schon klar, aber das da sah auch beim besten Willen nicht nach 6+Gelände aus. Die wilden Hunde von damals! Da einfach mal einzusteigen! Wahnsinn!

 

Lehrgang #1: Seilreibung vermeiden

Wild ging es auch gleich mal auf meinen ersten 40 Metern zu. Einer der wichtigsten Lehrgänge der klassischen, verwinkelten Dolomitenkletterei heißt: Vermeide Seilreibung. Sprich: Sicherungspunkte entweder maximal verlängern oder aber wenn möglich gleich möglichst wenige platzieren. »Wenig« ist aber ja total relativ! Ich habe da einfach ein Händchen dafür und sah mich auf dem letzten Drittel, wie so oft, mal wieder halb robbend in wilder Diskussion mit dem Seil, das  – im Gegensatz zu mir – eindeutig wieder zurück wollte. Immerhin war der Blick nach oben recht ermutigend: Von hier sah es schon gar nicht mehr so steil aus.

Vier auf einen Streich

So ungefähr eine Minute später war der Meister da und nach kurzem Topostudium fiel mal wieder der Klassiker: »Achso, die Seillängen sind so kurz? Jo, ich schau einfach mal, wie weit das Seil reicht«. Und weg war er. Den ersten Stand überkletterte er erwartungsgemäß, den zweiten mittels Direktvariante extra knifflig auch und weil es ja dann wohl eh nicht mehr so weit war, ließ er den dritten aus und ging weiter bis zum vierten Stand. Ne, also wundern tut mich ja schon lange nichts mehr.

Mimimi!

Beim Nachsteigen wurde die Sache dann doch wieder überraschend steil, das mit dem »moralisch starker Vorsteiger notwendig!« im Topo war womöglich nicht ganz so falsch. Haken gab’s nämlich im Vergleich zu den Nordwandklassikern nahezu keine. Ganz minimal erschöpft — auch mental! — lief ich nach 65 Metern am gebohrten Stand der benachbarten Route ein, fest überzeugt, hier nichts mehr vorsteigen zu wollen. Und schon gar keine Quergänge! Mimimi! MIMIMI!!

Monumentales Bauwerk in Mülldeponie

Ein »also ich glaub, dass du das gut schaffst!« und ein Blick auf die überraschend zahlreichen Haken im Quergang später, klimperte eine voll behangene Weihnachtsbaumgunde inmitten des klassischen Dolomitenquergegangel. Hier ein Friend, da eine Rostgurke. Immerhin wenig Seilreibung bei so »gerader« Seilführung. Am Ende wartete statt ein geschlagener Stand eher eine kleine Mülldeponie (Wer schleift Cola-Dosen mit in so eine Tour?!) und der Einsatz auf meine ziemlich heiß geliebte Standplatzkrake. Schlaghaken plus Köpflschuppe plus versenkter Friend in Loch plus Abspannung nach unten mittels Klemmblock. Willkommen in den Dolomiten. Bis ich mein Bauwerk sehr stolz ausreichend bewundert hatte, war er schon da. Und auch schon wieder weg.

Dolomitenlehrgang

Nachdem wir die Seminare »Dachverschneidung«, »Überhang« und natürlich »Quergang« absolviert hatten, fehlten eigentlich nur noch zwei Lehrgänge: »Schlundverschneidung« und »Kamin«. Achso, ja, und navigationsunfreundliches, dafür leichtes Gelände. Bekamen wir alles noch geboten, gewürzt mit ein bisschen Quergang und viel Luft unter den Sohlen und schwupps, schon standen wir oben. Auf der »Kleinsten Zinne«. »Preußturm«. Dritte Zinne für Zinnengunde, 830stes Mal (ungefähr) Zinnengipfel für ihn und dritte für uns gemeinsam. Hüpf!

Abschlussprüfung

Nach dem Absolvieren der klassischen Seminare wartet aber bei der Dolomitenkletterei meist noch das Abschlussdiplom: Wieder runter kommen! Im Fall des Preußturms gestaltet sich diese finale Prüfung in Form von Abseilen in eine hoffnungslose Schuttrinne, in der beim besten Willen eigentlich nur Platz für eine Seilschaft ist. Keine Steine loszutreten ist nahezu unmöglich. Wehe dem, der hier bei Gewitter oder Starkregen runter muss.

 

Diese Ausrüstung war mit dabei:
(Die ganze Übersicht gibt es hier)

 

Wochentag, Ulligundes Tag!

Wir aber profitierten von der Unbeliebtheit dieses kleinen Turms an einem Wochentag und wurden nach vier mal Abseilen wieder aus den tiefsten, modrigen Innereien der Zinnen ausgespuckt. Danach war’s vorbei mit der Einsamkeit, der gemütliche Spaziergang inmitten der staunenden Touristenscharen führte uns zurück zum Parkplatz, der sich inzwischen mit den Wochenendaspiranten gefüllt hatte. So richtig gefüllt. Zeit für uns, das Feld den klassisch werktätigen zu überlassen und ruhigere Gefilde aufzusuchen. Kopf durch, Muskeln durch. Ulligunde mal wieder äußerst fröhlich.

Facts:
Topo aus der absolut empfehlenswerten TOPOGUIDE-Bibel (Band 1). In der Tour steckt wenig Material, nur der Quergang ist gut bestückt. Bis auf die Schlüssellänge lässt sich aber auch vieles ganz gut absichern. Fels überraschend abgeklettert und fest. Quergang zur ersten Abseilstelle (gut 30 Meter!) ziemlich luftig und an einer Stelle eher in Richtung II-III. Es steckt ein Haken auf halbem Weg.

Wenn der Kopf passt (Dibona, Falzaregoturm)

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Man wird älter. Mal zwickt das Knie, mal lahmen die Arme vom Vorvortag.

Das Schöne daran: Man wird auch routinierter. Und so fällt mir zu unserer Tour am Falzaregoturm nicht viel mehr ein, als: war schön! War entspannt! Und das, obwohl die alte Zählerei, wer beginnen muss, damit auch ja der stärkere die schwere/schlecht abgesicherte Länge bekommt, natürlich auch diesmal wieder nicht aufging. Der Plan: Er bekommt die zwei Seillängen, an denen sowas stand wie „kaum absicherbar!“. Das Ergebnis? Jouu… Aber es ging. Es geht eh meistens, wenn es muss – vor allem, wenn man hier und jetzt wirklich nicht stürzen will. Und so standen wir nach ein paar wenigen Stunden oben in der Sonne, genossen das herrliche Wetter, die sensationelle Aussicht und das Privileg, solche Unternehmungen als Paar zu erleben.

Während wir den restlichen Tag chillend, exzessiv kaffeetrinkend und touristenbeobachtend (wir leben in einer irgendwie lustigen Gesellschaft!) am Parkplatz herumlümmelten, wurde mal wieder klar: Viel besser kann so ein Tag eigentlich nicht werden. Happyday, Happygunde!

Die Ausrüstunsgübersicht gibt es übrigens hier.

 

Mimimi. Mimimimimimi. (Teufelsgrat, Mont Blanc du Tacul)

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Ich hänge am Stand der ersten Seillänge und weine vor Schmerz. Screaming Barfies nennen das die Eiskletterer. Es beschreibt das Gefühl, wenn eingefrorene Finger langsam wieder auftauen. Dass sie jemals wieder auftauen würden, bezweifle ich in diesem Moment. Die aufmunternden Worte vom Freund, der nur wenige Zentimeter von mir entfernt hängt, verfliegen im wütenden Sturm. Weiter, es kann nur besser werden.

Er ist kein Fan von leichter Kletterei. Und schon gar nicht von Graten. Als ihm ein befreundeter Bergführer von einer gar nicht so schlechten Grat-Tour in Chamonix erzählt, schlägt er mir die Tour vor: »Teufelsgrat oder so ähnlich heißt der. Der Tobi meinte, die kann man schon mal machen! Sagt dir das was?!«. Ich musste kurz die Kinnlade vom Boden aufklauben, nickte heftig und faselte in völliger Begeisterung was von »Wunschliste«, »anspruchsvoll« und »machen will!«.

Plötzlich dort

Nicht mal eine Woche später standen wir mit bemerkenswert schweren Rucksäcken im Nebel irgendwo zwischen monströsen Spalten. Das Navi sagte, wir seien zu hoch, der zehn-Meter-reichende Blick sagte: Unter uns sind noch größere Spalten. Gerade als wir die Suche nach einem gangbaren Weg aufgeben wollten, riss es für einen Moment auf, genau lang genug, um die eine Schneebrücke zu erwischen. Wenig später stand das Zelt und auf dem Kocher schmolz der ersten Schnee. Wir sind in Chamonix. Ich fasse es nicht. Er und ich. Wir beide. In Chamonix. Nach den USA der vorerst letzte verbleibende »Da will ich mal hin«-Ort. Und jetzt sind wir da!?

Auf zum Teufelsritt

2 Uhr. Der Wind hatte die ganze Nacht am Zelt gerüttelt, an Schlaf war eher weniger zu denken. Die Nacht war ja aber ohnehin bei der Hälfte schon vorbei. Bis die Sonne aufging, hatten wir also nach Frühstück und abermaligem Sichern des Zeltes bereits einen Gletscherhatsch, einen Bergschrund, 500 Höhenmeter steiles Schottergelände und ein noch steileres Schneefeld hinter uns.

Im Sturm

Am Grat erwartete uns nicht nur das erste Morgenrot, sondern vor allem ein peitschender Wind. Die Wetterprognose lag entweder um Welten daneben oder aber hatte sich um ein paar Stunden vertan. Wir hofften auf Zweiteres und machten uns an den ersten Turm.

Drei (wer will auch vier) gilt es insgesamt zu erklettern, alles nicht schwerer als 5b, wobei die Kletterei wahlweise a) mit Kletterschuhen, b) bei milden Temperaturen, c) mit warmen Fingern, d) ohne Sturm oder e) in ausgeschlafenem Zustand womöglich ein klein wenig genüsslicher gewesen wäre. Nein, sagen wir statt »wäre« lieber »ist«, denn eigentlich sah der Fels sensationell aus. Wäre da nur nicht der unbeschreibliche Schmerz in den binnen Sekunden gefrorenen Fingern. Und die Eisschicht auf den Seilen. Und – falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte – der eiskalte Sturm, der einem ständig irgendwelche Rucksack-Bändel ins Gesicht peitschte. Ach was ist der Grat doch schön…

Point of no return

Während ich noch überlegte, ob die Finger jemals wieder auftauen würden, kam mir ein weiterer Gedanke: Wir sind am »point of no return«. Mit dem Abziehen des Seils von diesem Turm wäre der einzige mögliche Weg »nach unten« jener nach oben zum Gipfel des Mont Blanc du Tacul. Andererseits: Nur noch eine schwere Länge, der Rest ist mehr oder weniger Gehgelände. Und hier jetzt umdrehen? Alles wieder runter? Nein, wir sind uns einig.

Ein ausgesetztes Gratstück und schon standen wir am Einstieg zum nächsten Turm. In manchen Topos mit vier Seillängen angegeben, holte der Meister jetzt dann doch mal das zweite Seil raus und machte kurzen Prozess. Eine Seillänge später stand er oben. Oder ich vermutete es zumindest, denn mit »sehen« oder gar »kommunizieren« war bei diesem Wetter nicht viel.

Richtig coole Kletterei! Eigentlich…

Diesmal mit Handschuhen bewaffnet ging es also in Richtung 5b. Richtig coole Kletterei, etwas ungewohnt mit Bergschuhen, aber was dick und globig ist, klemmt schon mal besser in dicken Rissen. Ähnliches galt auch für die Handschuhe. Ohne Rücksicht auf irgendwelche materiellen Verluste ging es irgendwie nach oben. Im Klettergarten wäre diese Seillänge ein wahrer Schmaus gewesen, bei den jetzigen Bedingungen war es, nun, sagen wir mal »ein notwendiges Übel«. Mal wieder eine neue Erfahrung, speziell weil zur Abwechslung zu Nebel und peitschendem Wind jetzt auch noch Graupel kam, der einen interessanten Nadel-Stich-Effekt im Gesicht hatte.

Ulligunde hoch, Kamera runter

Mit wieder nur einem Seil ging es durch den berühmten Briefkasten-Durchschlupf: Gerade ungefähr Ulligunde-breit muss man irgendwie nach oben und dann durch. Bei mir ging das dank schmalem Körperbau auch ganz famos, einzig die Kamera wählte lieber den Weg nach unten. Also wieder runter, Kamera bergen. Aufhänger kaputt, Speicherkarte nicht mehr lesbar, besonders eindrückliche neue Kratzer in der ohnehin schon völlig ramponierten Kamera. Naja, immerhin nicht verloren, waren schließlich schon ganze fünf Bilder von dieser Tour drauf.

Der leichteste Turm?

Eine wilde Abseilfahrt später der letzte, angeblich leichteste Turm. Weil zu faul für Steigeisen wählte der Meister (und ja, der ist hier alles vorgestiegen, weil Mimimi) irgendeine Variante und machte aus dem angeblichen 5b-Grat ohne es groß zu merken etwas ungleich schwereres. Ach, Liebster!

Immerhin hatte der Sturm inzwischen recht unvermittelt abgenommen. Klettern ohne Handschuhe! Halleluja! Anspruchsvoll-gruslige Quererei, die mit Kletterschuhen sicher mal wieder reiner Genuss wären. Angsthäschen ließ grüßen und kam ganz minimal entnervt am Stand an. Ein Kuss später sah die Welt aber schon wieder viel besser aus, denn: Das Schwerste lag nun hinter uns. Was im Umkehrschluss bedeutete: Ab jetzt wird’s anstrengend, denn es warteten noch gut 150 Höhenmeter in leichtem, teils losem Gestein. Mit ungefähr 47.391 Metern Luft, Schotter und irgendwo ganz unten Gletscher unter den Füßen jetzt auch nicht viel besser und außerdem: HUNGER. MÜDE. PIPI.

Sonne. Pause!

Auf einer kleinen Plattform wurden erstmal alle Bedürfnisse gestillt. Selbst ein kleines Nickerchen ging sich in dem inzwischen warmen Sonnenschein aus. Ja, bei diesem Wetter wären die Türmchen wohl deutlich mehr Genuss gewes… schnarch… seufz… »Hey Schlafmütze, komm, wir gehen langsam mal weiter!«.

Am laufenden Seil ging es also die verhältnismäßig leichte Kletterei nach oben. Die Finger spürten Fels, die Jacke wurde bald zu warm. Ach, so kann das Klettern auf viertausend Metern also auch sein?  Wir krabbelten und krabbelten, seilten eine Stelle abweichend vom Topo nochmal ab, und krabbelten und krabbelten weiter. Bei der zweiten Materialübergabe ragte der Gipfel immer noch ein mächtiges Stück über uns empor. Wir werden da nie ankommen, dachte ich noch und krabbelte weiter dem Seil hinterher. Nie.

Nie?

Und dann, wie es bei solchen Touren einfach immer so ist, kam plötzlich ein Firnhang ins Blickfeld. Der Freund, der an einem großen Block sicherte. Im Hintergrund der Mont Blanc persönlich. Sind wir womöglich… wirklich… oben??? Ich konnte es ernsthaft nicht fassen, zwischenzeitlich war ich immerhin so fertig, dass ich bezweifelte, irgendwann überhaupt irgendwo anzukommen. Und dann waren es nur noch ein paar Schritte über einen gar nicht so schlimmen Firngrat und plötzlich ging es nicht mehr nach oben. Es ging einfach nicht mehr nach oben!

Aufstieg: Geschafft!

Wir hatten den Teufelsgrat geritten, bei Sturm und Eis, bei Mimimi und noch ein wenig mehr Mimimi. Und plötzlich blieb auch endlich Zeit zum Schauen. Der Mont Blanc war eingehüllt in eine hartnäckige Wolke, aber um uns herum…! Das Tal. Grün. Weit entfernt. Darüber zahllose Zacken, Grate, Türme. Dazwischen zerfetzter Gletscher, unendlich viel Gletscher. Es war zwei Uhr, wir waren nun 11 Stunden unterwegs. Das ist wahrscheinlich ziemlich langsam, aber immerhin waren wir oben, es war warm und das Wetter sah einfach herrlich aus.

Geschafft? Noch nicht.

Was dann folgte, war allerdings wieder etwas weniger herrlich. Ein Abstieg über den gut ausgetretenen zwischen Mont Blanc und Aiguille di Midi, eine Spur durch einen Irrgarten monströser Spalten und steiler Hänge. Mehr oder weniger direkt unter den Füßen: Chamonix. Trust your feet. Füße auseinander. Die meisten Unfälle passieren im Abstieg! So waren wir nach ungefähr einer Stunde am tiefsten Punkt. Erste Etappe des Abstiegs geschafft.

Jetzt geschafft? Immer noch nicht.

Der unfassbar lange Hatsch durch das ganze Gletscherbecken unterhalb des Taculs dauerte sicher nochmals so lange und endete wieder am tiefsten Punkt zwischen Pointe Helbronner und Aiguille du Midi. Es war wohl irgendwas gegen vier oder fünf Uhr. 13, 14 Stunden unterwegs und der letzte Akt folgte erst noch: Der Gegenanstieg zum Zelt durch ein hoffnungsloses Spaltengewirr. Laut Karte irgendwas in Richtung 200 Höhenmeter. Vielleicht 150, ich war selbst zum Höhenlinienzählen zu erschöpft.

Noch ein letzter Akt

Wir hatten von oben eine seichte Spur durch das Spaltenmonster ausmachen können. Sollte die Sicht passen, wären wir womöglich tatsächlich bald am Zelt. »Bisher bin ich da noch immer durchgekommen!« sagte er noch, während ich mir mein zweites »Power-Gel« des Tages gönnte. Das Ergebnis: Er hatte Recht und das Gel gab nochmal volle Power. Viel schneller als erwartet durchquerten wir die Spaltenzone, es wurde flacher und flacher und plötzlich, ich konnte es wieder nicht fassen, sahen wir unser rotes Zelt. Unsere Homebase. Der Schlafsack. Das Abendessen. Der Schlafsack. Schlafen… Schlafen!

Essen, schlafen, trinken, ess…

Die Sonne wärmte, wie man es sich nach solch einer Tour nur wünschen kann, wir schmolzen Schnee im Akkord und saßen etwas später beim Abendessen. Ravioli mit Tomatensoße. Schmecke erwartungsgemäß unübertreffbar gut, wobei ich mich an die letzten Löffel kaum noch erinnere, denn ich muss wohl mehr oder weniger beim Essen eingeschlafen sein. Er ebenso und so wachten wir nach gut zwölf Stunden erst wieder auf. Die Sonne schien, es war warm und windstill. Ein Traumtag für den Grat. Ein Traumtag für diese Gegend. Hatten wir wirklich gestern den Teufelsgrat gemacht? Ich konnte es immer noch nicht fassen.

Danke

Bei der Tour gab es multiple Momente, in denen ich einfach dankbar war. Erstmal natürlich dankbar für diesen Typ, der mit so einer Souveränität und Gelassenheit solche Touren unternimmt. Dankbar für die hervorragende Tourenbeschreibung von Stefan Stadler auf alpenvereinaktiv.com, dankbar für Mountain Equipment, Petzl und Lowa, die erst kürzlich noch so spontan essenzielle Ausrüstungsgegenstände bereitstellten, dankbar vor allem auch für PowerBar, die mir mit ihrem Gel unerwartet Kraft rüberbeamten, dankbar für die abgefahrenen Hybrid-Steigeisen und den Leicht-Pickel von Petzl, die den Rucksack einfach nochmal ein wenig leichter gemacht haben (die Steigeisen gibts übrigens hier gerade zu gewinnen) und für Julbo, die uns inzwischen ohne es groß zu wissen, beide mit sehr guten Sonnenbrillen ausgestattet haben. Danke in dem Fall auch an all die Leser, die diesen Blog und solche Erlebnisse unter der Woche überhaupt erstmal ermöglichen. Und nur für den Fall, dass es noch nicht ganz deutlich wurde: Danke an diesen sensationellen Typ, ohne den ich diesen Grat ziemlich sicher niemals erleben hätte dürfen. Ich geh dann mal noch ne Runde dieses Leben und diesen Mann feiern.

 

Diese Ausrüstung war dabei:
(Die ganze Übersicht gibt’s hier)

Mies trifft cool (The Show Must Go On & Spiel der Geister, Trettachspitze)

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Klettern bedeutet ja im Normalfall, sich an Fels hinaufzuziehen. Klettern in Robert Jaspers »Show Must Go On« bedeutet hingegen, vorsichtig zu schieben, bloß nicht ziehen und vor allem äußerst gewissenhaft Abzuklopfen. Nimmt man dann den anschließenden Gipfelaufbau noch mit, ist man erst perplex, dann erleichtert und am Ende schwer begeistert. Bombenfester Fels! Ein Fest! Zumindest für Könner.

Er war schon auf der ganzen Welt unterwegs. In Pakistan, in Patagonien, kürzlich in Alaska. Die Dolomiten kennt er wie seine Westentasche und die Eiger Nordwand fand er „nett“. Unsere Heimat ist für ihn hingegen Neuland. Völlig unbekanntes Terrain. Als vor ein paar Wochen mal sämtliche Planungen schief gingen, war es Zeit für eine Tour im Allgäu.

Trad & Sport & Grat!

Ich hatte da auch direkt eine ganz famose Idee: Tradkletterei bis 6-, gebohrte Stände, laut Topo eine »völlig logische Linie«. Wahlweise dann oben raus noch 200 Meter fünfer- oder siebener-Kletterei und nach ein bisschen Grat als Belohnung glatt noch einen der markantesten Gipfel des Allgäus. Und insgesamt dann doch irgendwas in Richtung 800 Meter Fels, das könnte ihm doch womöglich gefallen. Er willigte überraschend ein und so wanderten wir an einem vermeintlich sonnigen Morgen bei recht eindeutigem Sturm die drei Stunden über Wiesen und Geröll zum Einstieg.

Finde den Haken!

Laut Topo sollte der Wandfuß nach oben links ziehen, in Wirklichkeit zog er nach oben rechts und wir zogen, krabbelnd mit dem Seil auf dem Rücken, durch mittelschweres Gelände irgendwo hoch.

Obwohl der Wind hier kaum noch blies, waren wir dennoch kurz davor umzudrehen, denn wie soll man mit schlechtem Topo eine Tour finden, die nicht gebohrt ist? Gerade als wir die Sache an den Nagel – viel mehr an den Haken, hihi – hängen wollten, tauchte doch noch ein Klebehaken auf. Ein Zeichen, zumindest vor irgendwas zu stehen.

 

Ach was is das schön

Eine 6- laut Topo, in Anbetracht der ganz schön schweren letzten Meter und der eher nicht vorhandenen Absicherung eine sportliche Bewertung.Ich zögernd vor, 4+, so schwer kann das doch nicht sein. Die ersten Meter mit Friends und Keilen zunagelnd, danach klassisch allgäutesk den Rest der Seillänge durch Gras und Schrofen schmoddernd. Halleluja, wäre die Tour zum Abseilen eingerichtet, ich hätte für einen Rückzug plädiert. Aber gut, manchmal muss man Dingen auch eine Chance geben…?!

Miese Absicherung, mieser Fels

Er wieder, diesmal mit weniger Absicherung, fairerweise dafür auch mit brüchigerem Fels. Ein Verhältnis, das die folgenden Seillängen negativ zunahm. Ich entwickelte eine für mich ganz neue Klettertechnik, die weniger mit Ziehen, als viel mehr mit vorsichtigem Schieben und exzessivem Abgeklopfe zu tun hatte. Und mit widerwilligem Vertrauen in eher mittelmäßige Placements. Na, da hab ich uns ja eine Perle ausgesucht.

Prädikat: Beschissen!

Nach einer ernsthaft schweren Verschneidung, die zumindest für mich nichts mehr mit 5 zu tun hatte und die einigermaßen blindes Vertrauen in riesige Blöcke erforderte, konterte er mein entnervtes Gemotze mit »Kann man schon so sagen! Prädikat: beschissen!«. Immerhin die Aussicht war ganz nett. Eine Seillänge später standen wir am Ende der Tour. Chacka. Blieb nur noch ein Problem.

Point of Umkehren?!

Hier nun warteten mehrere Wahlmöglichkeiten. Entweder ein Rückzug über das schottrige Band zurück zum Einstieg. Jetzt wieder zurück!? Irgendwie eine blöde Sache, auch wenn die Lust auf weitere Kletterei eher nicht vorhanden war. Aber jetzt hier einfach wieder Absteigen?! Den Gipfel nicht mal versuchen? Alternativ wartete entweder der »Schwarze Riss« mit Schwierigkeiten bis 5+ und wieder vorwiegend zum Selbstabsichern oder aber die zwei Grad schwerere, dafür bohrhakengesicherte »Spiel der Geister«. Er sprach sich für die schwere Route aus, durchaus in der Hoffnung, auf zumindest etwas besseren Fels zu stoßen. »Fünf mal 25 Meter!? Da machen wir drei draus, dann sind wir ganz schnell oben«.

Vorsicht, Vorsicht!

Ich hatte die Hoffnung auf festen Fels an diesem Klapfen ja schon fast aufgegeben, wurde aber direkt äußerst positiv überrascht. Die erste Seillänge war eine richtig hübsche Verschneidungskletterei, super absicherbar und in bombenfesten Fels. Ja wo sind wir denn jetzt gelandet? Ab da folgten allerdings nicht nur viele, teils seltsam gesetzte Bohrhaken, die mit dem Verlauf im Topo wiedermal herzlich wenig zu tun hatten, sondern auch ein sensationeller, fester Fels, wie ich ihn noch selten erleben durfte. Rau, irgendwie rund, aber strukturiert und griffig. Ein Fest! Zumindest für jene, die den Grad voll drauf haben, denn Fliegen will man zwischen dem ein oder anderen Bohrhaken eher nicht. Zudem hat die Hakendichte nicht unbedingt etwas mit den schwierigen Stellen zu tun. Eben von oben eingebohrt.

Schatz, machst du?

Der Rest war sein Part. Vollständig, denn mir war nach der ersten schweren Seillänge vollends die Lust an Vorstieg vergangen. Für mich folgte also eine lupenreine A0-Mimimimi-Begehung, während er den Fels feierte und die Wolken im Hintergrund seltsame Formen annahmen. Nicht wirklich bedrohlich, aber mit einem komischen Wind. Und Donnergrollen. Weil die Sache aber in keiner Richtung dramatisch aussah, versuchten wir nach dem Ende dieses zweiten Aktes noch halbherzig den Gipfel. Auf der Schulter war dann klar: Der Gipfel ist noch echt weit weg, die graue Front plötzlich erstaunlich nah und wir machen für heute mal besser Schluss.

Gemütlich runter…

Füße also in die Hand. Abmarsch! Immer noch sah es nicht so bedrohlich aus, für einen entspannten Müsliriegel in der Sonne war noch gut Zeit. Seile und Klimbim weg, im zügigen Trott runter in Richtung Wanderweg. Status graue Front: Größer werdend. Näher kommend.

Von Trab zu schnellem Trab und wenig später in einen immer sportlicheren Dauerlauf. Die ersten Blitze zuckten am Horizont, während wir den grasigen Grat entlang stürmten. Vorbei an drei seelenruhigen Männern, die beladen mit Kletterzeug gelassen nach oben wanderten. Sind wir grad falsch oder die? Egal. Runter. Pünktlich mit dem ersten Regenguss erwischten wir den Wald, den zweiten Schauer bekamen wir genau mit dem Erreichen einer überdachten Bank bei unseren Rädern serviert.

Nächstes Mal wieder Dolomiten

Zwei, drei kräftige Gewitter später ging’s per Bike zurück zum Auto, wo auch schon das nächste Gewitter wartete. Perfektes Timing also. Und wie eigentlich bisher bei all meinen Touren im Allgäu: Ein richtig langer Tag und eine richtig müde Gunde. Haben wir das also auch mal gesehen. Nächstes Mal dann gerne wieder Dolomiten 😉

 

Diese Ausrüstung war dabei:
(Die ganze Übersicht gibt’s hier)

 

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